CDU und SPD streiten über Kultursparplan

■ SPD befürchtet das Ende des Theaters des Westens. Doch Peter Radunski verteidigt seine Sparvorschläge. Selbst auf mehr Geld aus Bonn glaubt der CDU-Kultursenator verzichten zu können

„Das Bessere ist nun mal der Feind des Guten“, gab Kultursenator Peter Radunski (CDU) gestern vorsorglich zu, als im Kulturausschuß des Abgeordnetenhauses sein Sparpapier vom 9. September erstmals öffentlich diskutiert wurde. Doch die Einschätzung, daß mit seinen Vorschlägen die beste aller schlechten Alternativen realisiert werden könnte, mochte niemand in Gänze teilen. Gerade einmal eine „fleißige Bestandsaufnahme“ der Institutionen attestierte die Koalitionspartnerin SPD, die PDS vermißte „Visionen“ und die Bündnisgrünen befürchten, daß dem „Rasenmäherprinzip jetzt die Kreissäge“ folge.

Selbst der kulturpolitische Sprecher der CDU, Uwe Lehmann- Brauns, verwickelte sich in seiner anerkennend gemeinten Rede in einen Widerspruch. Er hält das Konzept für ein „konstruktives Angebot“ an die Kulturschaffenden, betonte aber: „Es ist nicht die Aufgabe der Kultur, marktgerecht zu produzieren.“ Genau davon aber geht der Senator aus.

Um die Ausgaben für Kultur bis 1999 um 100 Millionen Mark reduzieren zu können (das sind 12 Prozent des Nettoetats), setzt Radunski auf die Zusammenlegung von Institutionen, Profiländerungen zur Vermeidung von Doppelangeboten, besseres Marketing und die Geringsubventionierung potentiell marktfähiger Bereiche wie der „Leichten Muse“.

Friedrichstadtpalast, Metropol- Theater und Theater des Westens müßten laut Sparplan in Zukunft denn auch auf fast ein Drittel ihres Etats verzichten. Dem Theater des Westens wird dabei vorgeschlagen, sein Ensemble aufzulösen und jährlich wechselnde Gastspiele zu zeigen. Dies interpretierte Irana Rusta (SPD) als verdeckte Schließung des Hauses in seiner bisherigen Form. Dazu kommt, daß auch der Vertrag der Berliner Symphoniker über 1998 hinaus nicht verlängert werden soll und die Freie Berliner Kunstausstellung kaum verhohlen zur Disposition steht. Radunski freilich beteuert, die Kulturlandschaft im Ganzen erhalten zu wollen.

Auch mahnte Rusta eine Stellungnahme des Senators zu einem zukünftigen Hauptstadtvertrag Kultur an. Doch darüber will Radunski nicht diskutieren. Während sein Vorgänger Ulrich Roloff-Momin (parteilos) zu einer Zeit, als Berlin noch nicht kurz vor dem Bankrott stand, 148 Millionen Mark jährlicher Bundesförderung für die Berliner Kultur für unabdingbar hielt, versichert Radunski, daß der Bund mit 60 Millionen Mark seiner Pflicht derzeit zur Genüge nachkomme.

Das ist eine überaus wohlwollende Beurteilung der Sachlage, bedenkt man, daß die Stadt Bonn noch immer von einem Hauptstadtvertrag Kultur profitiert, der ihr die Übernahme von 70 Prozent der Kulturausgaben zusichert, während sich Berlin mit knapp 8 Prozent bescheiden muß. Die weitere Diskussion über den Kultursparplan wird zeigen, ob sich der Senator dieses Wohlwollen leisten kann. Im Kulturausschuß wurde das Thema gestern vertagt. Petra Kohse