■ Kommentare Frauen sind bös' und dürfen darum nicht regieren
: Marsmenschen

Alle wollen das Zentrum besetzen, die politische Mitte, den „moderaten“ Teil des Landes mobilisieren. Die Inhaber unbelasteter Namen, Besitzer heiter dreinblickender Gesichter, Träger einfacher Anzüge nach Art des Volkes – sie alle sind ausnahmslos männlichen Geschlechts. Jung, wohlerzogen, auf zahllosen Reisen nach jenseits des Ozeans gebildet, im Hintergrund meist eine wohlhabende (und nicht allzu alternative) Familie – so präsentieren sich die neuen Führungsfiguren. Und nicht nur daß sie allesamt männlich sind – sie scheinen überwiegend auch wild entschlossen, sich möglichst nur mit Männern zu umgeben.

Nichts hilft es da, wenn in Italien beispielsweise die junge Giovanna Melandri den Sieg der Linken nachweislich im Alleingang ermöglichte, indem sie die „Großen“ der Rechten, Berlusconi und Fini, im alles entscheidenden letzten Fernsehduell nach allen Regeln der Kunst auf die soziale Ebene lockte und dort fachfrauisch zerlegte – ins Kabinett kam sie trotzdem nicht; könnte ja sein, daß sie die eigenen Parteimachos auch mal so reinsausen läßt. Daß sich die Wahl ausgerechnet an der sozialen Frage entschied, also einer „typischen Macke“ der Frauen, paßt ja auch nicht ins Softy-Gehabe der neuen Großen. Lieber alles verschwommen lassen, dann bleibt die Führung unangetastet.

Außerdem weiß man ja: Kaum sind die Frauen an der Macht, sind sie alles andere als die besseren Menschen. Im Gegenteil, böse Mädchen sind sie dann, wie Margaret Thatcher, bislang die einzige Frau, die die Mannsbilder in der Politik niederringen konnte. Eine Antifrau, konservativ in moralischen Dingen und skrupellos auf sozialem Gebiet.

Gibt es tatsächlich keine anderen Möglichkeiten für Frauen an der Macht? Vielleicht hängt es mit der Unfähigkeit der Frauen zusammen, den heute alles bestimmenden Neoliberalismus mit dem Sozialleben zusammenzudenken, mit den Menschenrechten und der Solidarität. Ein Problem, das sich der Eisernen Lady nicht einmal stellte. Wo immer sonst Frauen in Kabinetten der neuen, saubermännischen Linken auftauchen, haben sie noch immer solche Ressorts, die eher ans Rote Kreuz erinnern, allenfalls mal ein bißchen Umweltschutz dürfen sie machen. Wahrscheinlich wird den Frauen der Durchbruch wirklich erst gelingen, wenn sie sich zusammenrotten, Stoßtrupps aufbauen und den Männerklüngel sprengen. Im italienischen Parlament haben sie soeben eine fraktionsübergreifende Gruppe gebildet. Und sie kommen sich vor wie die Marsmenschen der Politik. Raffaella Menichini

Die Autorin war einige Jahre Chefredakteurin der Zeitung „il manifesto“.