Das ganze Jahr Musikfest

■ Zum Verkauf der Konzertagentur Praeger & Meier an die Agentur Albers & Pölking-Eicken

Fast hundert Jahre gab es sie, die Konzertagentur Praeger&Meier: Kaum ein Bremer, dem die Geschäftsstelle in der Böttcherstraße nicht ein Begriff für die Organisation der Meisterkonzerte und die Veranstaltungen der Philharmonischen Gesellschaft gewesen wäre.

Zeiten und Verhältnisse ändern sich: In Bremen spätestens, seitdem das Musikfest auf seinem siegreichen Vormarsch ist. Bis es für die ohne Zuschüsse kalkulierende Agentur so weit war, daß sich Werner Lutz im vergangenen Jahr entschließen mußte, sein Praeger &Meier zu verkaufen, allerdings „nie und nimmer an Pölking-Eicken“. Denn der war mit dem erfolgreichen Aufbau des Musikfestes zu seinem Erzfeind geworden. Und dies so sehr, daß Lutz schon fast gemeinsame Sache mit rein kommerziellen Anbietern wie KPS gemacht hätte. Doch jetzt hat er sich offenbar eines anderen besonnen und führt Verkaufsverhandlungen mit Pölking-Eicken.

In die Zwickmühle kam Werner Lutz, als Hermann Pölking-Eicken als einziger seine Forderungen nicht nur erfüllen konnte, sondern auch, so sein Geschäftsführer Rainer Daues, „die Fortführung der Qualität leider nur über Pölking-Eicken gesichert“ sei. Beim Mitinteressenten KPS, ein mit wenigen Ausnahmen kommerzieller Veranstalter von Großevents, wäre das ganz bestimmt nicht der Fall gewesen. Und so wurden sich Lutz und Pölking-Eicken einig und verhandeln derzeit über die Modalitäten. Die Probleme, die damit erneut auftauchen, sind nicht ohne: Pölking-Eicken entwickelt sich zum Monopolisten der staatlich geförderten Kulturereignisse in Bremen, und diese Monopolisierung ist dramatisch fortgeschritten:

Er hat die Concerto Kulturmarketing GmbH gekauft, verhandelt jetzt mit Praeger&Meier und leitet noch weitere Ansprüche daraus ab. Die Vertretung des Musikstandes Bremen bei der Kölner Fachmesse „Klassikom“ stände eigenen Angaben zufolge nur ihm zu, „denn nur er habe die erforderlichen Kontakte“, so die immer noch entsetzte Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit Regine Meyer vom Bremer Theater, die dem mit der Planung befaßten Arbeitskreis „Musikstadt Bremen“ angehört. Doch: „Ein Konzept hat er gar nicht vorgelegt, und wir sollten zu allem ja sagen“ (Den Klassikom-Auftrag erhielt er nicht, d.V.).

Musikfestleiter Thomas Albert bestätigt den Begriff Monopol, doch er hält es für dringend notwendig in Konkurrenz zu den anderen, nämlich KPS und die Glocke Veranstaltungs GmbH.

Bei vielen Kulturschaffenden in Bremen geht tatsächlich die Mär, ohne Pölking-Eicken könne man weder an Gelder aus dem heiß begehrten Veranstaltungsfond des Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramms (WAP) noch an Sponsoren herankommen, was vor einigen Jahren sogar die Bremer Shakespeare Company verleitet hatte, sich ihm für die Akquisition der Gelder für das internationale Festival „Shakespeare & Companies“ anzuvertrauen. „Aber unser Antrag ist auf geheimnisvolle Weise nie beim Wirtschaftssenator angekommen“, so Peter Lüchinger von der Company.

Da drängt sich der Verdacht auf, daß sich die Agentur zuerst für die Projekte einsetzt, von denen sie mehr profitiert: Zum Beispiel von der Vermarktung der Deutschen Kammerphilharmonie. Denn es gibt die Deutsche Kammerphilharmonie Projektmarketing Gesellschaft, deren Gesellschafter Hermann Pölking-Eicken ist. So wird Kulturpolitik gemacht und gesteuert.

Hochschulprofessor Thomas Albert, im Nebenberuf – wirklich? – Musikfestleiter, wird bei der neuen Situation auch dabei sein und noch mehr tun für die bremische Kultur: „Das fällt ja fast ab von der Musikfestplanung“. Möglicherweise ehrenamtlich, möglicherweise nicht: „Das muß noch geklärt werden, denn ich kann ja mit diesem Hochschuljob nicht alles machen“.

Wird denn die Konstruktion, daß sich die Meisterkonzerte bislang finanziell selbst tragen, so bleiben? Pölking-Eicken: „Das hängt von anderen Wirtschaftsförderungen ab. Wenn das so weiter geht mit Scorpions und Justus Frantz, verlange ich auch was!“, sagt Pölking-Eicken.

Nun ist gegen das alles ja insofern nichts zu sagen, wenn die Qualität wie hier stimmt. Und die Agentur hat jenseits von Musicals, Galopprennbahnkonzerten, Tournee-Orchestern, eine verläßlich hohe und kontinuierliche Qualität zu bieten, und zwar in Bezug auf ihre hochwertigen Objekte als auch auf die professionelle und lockere Art ihrer Durchführung.

Auch wenn sich das Argument zunehmender Ausschaltung von Konkurrenz in dieser Stadt deswegen als ein rein formales erweisen sollte, so erledigt es sich als solches noch lange nicht. Wir haben dann ein einjähriges Musikfest, und die kulturelle Bandbreite wird erheblich minimiert. Bei dieser Bündelung von Know how und Einfluß wird es für KleinveranstalterInnen immer schwieriger, Zugang zu den Hütern der WAP-Gelder zu bekommen. Ute Schalz-Laurenze