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: Dürfen Jungs noch Gitarre spielen? Dashboard Saviors und Go To Blazes

Dumm gelaufen, diese Sache mit Country. Kaum haben mutige junge Menschen den Rednecks ihre Musik geklaut und sind über die Lo-Fi-Hintertreppe entkommen, stehen an der nächsten Straßenecke auch schon die Trendscouts von Marlboro und sagen: That's Country, my Friend. Und halten eine gleichnamige Platte in der Hand, deren „New Country“ schmalzt und schnulzt wie der alte. Wird es also jemals einen vernünftigen Umgang mit diesem ewig amerikanischen Material geben? Dürfen Jungs überhaupt noch Gitarre spielen?

Das erfahren Sie in der nächsten Folge von „Hase und Igel“ – oder bei den Dashboard Saviors aus Athens, Georgia, die sich nach den Schutzheiligen fürs Armaturenbrett benannten. Seit sieben Jahren auf der long and winding road, lief ihnen manche Berühmtheit über den steinigen Weg zum Ruhm. Vic Chesnutt zum Beispiel, ein alter Schulfreund des Saviours-Sängers und Gitarristen Todd Mc Bride, sang auf dem Debütalbum „Kitty“ mit. Nach dem verhältnismäßig glatten „Spinnin on down“ haben sie nun mit „Love Sorrow Hatred Madness“ ein weiteres Album vorgelegt, das sich am countryfizierten Gitarrenrock der alternativen Sorte versucht. Ob das allerdings, wie der Kollege von Subway Braunschweig meinte, die Unwissenden nur noch vor die Wahl stellt, reinzuhören oder unwissend zu sterben, sei dahingestellt. Gewiß kommt aber die eine oder andere Ballade mit dreckigem Gitarrensound und Rauheit in der Stimme so charmant angestolpert, daß sich die Qual der Wahl zwischen Rockismus und neuem Nashville so schnell nicht mehr stellt.

Ebenfalls nicht von Pappe sind Go To Blazes, obwohl ihnen der nötige Schuß Abgedrehtheit, wie er bei Gary Floyd, Sixteen Horsepower oder gar den grandiosen Granfalloon Bus vorliegt, fehlt. Vielleicht ist es von daher doch keine so schlechte Idee des Quartetts aus Philadelphia gewesen, ihre lästigen McJobs vorerst nicht zu schmeißen. Zwar liegt auch ihre moderate Spielart des Rock'n'Roll noch gerade im grünen Bereich – wenn man als externen Maßstab die Veröffentlichungen des verdienstvollen Blue-Rose-Labels (Continental Drifters, Bel-Vistas, dB's) anlegt –, aber selbst nach fünfzehn Jahren Übungsraum, Straßenstaub und Dosenbier und inzwischen fünf Alben will sich der Majordeal nicht einstellen. So harrt trotz ihrer Livequalitäten und nahezu hitverdächtiger Songs wie „No Mercy“ ein letztes Stück wilder Westen weiterhin seiner Entdeckung, wenn sich heute abend die Holzfällerhemden aller Länder ein Stelldichein geben, um mal zu schauen, ob die alten Cowboystiefel noch passen. Gunnar Lützow

Dashboard Saviors und Go To Blazes heute abend, 20 Uhr, im Knaack Club, Greifswalder Straße 224