Gen-Nahrung künftig auf unseren Eßtellern

■ Genmanipulierte Sojabohnen kommen ungekennzeichnet auf den Markt

„Sojabohnen esse ich nicht“, lautet die erste Reaktion vieler Verbraucher, die auf das Nahrungsmittel angesprochen werden. Doch weit gefehlt: Soja ist in jedem dritten Lebensmittel, das heißt in rund 20.000 Produkten enthalten, die Palette reicht von Babynahrung über Süßigkeiten bis hin zu Suppen und Fleischwaren.

Der US-Chemiekonzern „Monsanto“ hat in den letzten Jahren eine gentechnisch manipulierte Sojabohne entwickelt, welche resistent ist gegen ein chemisches Pflanzengift der gleichen Firma. Im Frühjahr fand die erste Aussaat statt, und bereits im November kommt die Ernte, ungekennzeichnet und vermischt mit konventionellen Bohnen, auch nach Deutschland.

„Mit der Androhung eines Handelskrieges wurde bei der EU- Kommission durchgedrückt, daß die Bohne auch in Europa auf den Markt kommt – ohne Kennzeichnungspflicht!“ empört sich Klaus Lorenz von der Greenpeacegruppe Berlin.

Die Folgen des Konsums sind bisher nicht absehbar, besonders Säuglinge und Allergiker sind gefährdet. Die UmweltärztInnen haben sich bereits auf die Seite der Gegner der Bohne geschlagen, aus Furcht vor neuen Allergien.

Auch der Deutsche Diätverband für Babykost, dem unter anderem Hipp, Humana, Milupa und Alete angehören, hat sich gegen den Einsatz von genmanipulierten Nahrungsmitteln ausgesprochen. Alete ist aber gleichzeitig eine Tochter von Nestlé, die dem Einsatz – ebenso wie die beiden anderen Marktführer Unilever und Danone – bisher unkritisch entgegensah. Erst aufgrund von Protesten zeigt sich langsam ein Meinungsumschwung: „Unilever hat sich jetzt aufgrund der unklaren Lage noch mit einem Vorrat an unmanipulierten Bohnen eingedeckt“, erklärt Klaus Lorenz.

Die genmanipulierte Sojabohne ist laut Lorenz „schlichtweg ein Holzweg in der Landwirtschaft“. Das Saatgut würde sich nicht fortpflanzen, so daß es jedes Jahr erneut vom Chemiekonzern bezogen werden müsse. Die Farmer bräuchten in Zukunft das Gift, um unerwünschte Pflanzen abzutöten und gleichzeitig die Genbohnen, die diesen Herbizid-Einsatz überstehen. „Die Industrialisierung der Landwirtschaft wird damit weiter forciert“, sagt Jens Katzek vom Bund für Umwelt und Natuschutz. „Die Gen-Bohnen haben für den Verbraucher keinerlei Nutzen, aber sie sollen das Risiko tragen“, ereifert sich Silke Schwartau von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV). „Wir machen derzeit eine Umfrage bei den Lebensmittelherstellern, die wir so schnell wie möglich veröffentlichen werden, um die Verbraucher zu informieren“, verspricht Ernst-Michael Epstein von der AgV.

„Die Gewährleistung, daß ein Vorstoff eines Produktes nicht manipuliert wurde, gibt es doch heute schon gar nicht mehr“, erklärt Rudolf Hülter von der Rausch Schokoladen GmbH. Etwa 20 Prozent der Hilfsstoffe zur Verarbeitung von Rohstoffen würden bereits gentechnisch produziert, seien jedoch nicht im Lebensmittel enthalten. Das ist bei der Sojabohne anders. Und schlimmer noch: Monsanto ist nur ein Vorreiter für die Durchsetzung genmanipulierter Produkte auf dem Lebensmittelmarkt. So plant Hoechst bereits die gentechnische Manipulation von Raps, der gegen Pflanzenschutzmittel der eigenen Firma resistent sein soll. Ute Sander