■ Urdrüs wahre Kolumne
: Biedermann und Brandstifter

Da reist also der Mr. Goldhagen umtriebig durch die Lande, um diesem Volk der Johann Wolfgang Goethes, Dieter Trappmanns und anderer großer Humanisten tiefverankerten Rassismus vorzuwerfen, und was tut sich da zur praktischen Widerlegung solcher Demagogie? Von der Herrenhäuser Brauerei wird der Judenheit in aller Welt aus hannöverschen Kesseln ab sofort ein Premium Pils angeboten, das nach strengem jüdischem Gebot kosher produziert wird. Unter offizieller Aufsicht durch den zuständigen Rabbi. Da verleihen wir gern das Prädikat „garantiert judenfreundlich“! und trinken mit dem tanzenden Rebbe ein Prosit auf die Woche der Brüderlichkeit...

Die Grundschule lädt zum allherbstlichen Basar für Spielzeug und Kinderkleidung und bietet im Rahmenprogramm neben durch und durch gesunden Vollkornkeksen eine Miniplaybackshow, darin uns Kevin mit der Banane als Mikro den Michael Jackson macht und Svenja, Wiebke und Jasmin als Funpop-Girlies vom Trio TIC TAC TOE auftreten und von sich selbst entzückt ihr Publikum unter Zeigen des original Effenberg-Fingerleins ansingen: „Du bist so schescheschesche, du bist so scheiße!“ Nach stürmischem Applaus hält der Papa dieses Ereignis auf dem Weg zu Ruhm und Reichtum von Töchterlein Jasmin mit der Kamera fest, und da mault der höchstens siebenjährige Star: „Scheiße, der Schuh geht nicht zu“, und die stolzgeschwellte Mama fordert gefälligst eine andere Ausdrucksweise, und da wundert sich Jasmin. Nicht nur Jasmin!

Es ist in der Tat Geschmackssache, ob man Ronald den Donald zum Maskottchen eines Theaters macht, ohne zugleich dem Programmheft einen Big Mäc in Thermopackung beizulegen. Wenn man aber nun schon meint, daß es ohne Sponsor am Goetheplatz nicht mehr geht, sollte man es doch eher mal mit Werbung für Landminen und Faustfeuerwaffen aus bremischen Exporthäusern versuchen: Ein ausgestopfter Vulkanese als Maskottchen dazu, und schon hätten wir Kulisse und Staffage für Biedermann und die Brandstifter.

Verwirrendes auf der Bremer Bahnhofstoilette: Kühne schwarze Eddingschwünge künden uns „Hier hab ich mir drei Stunden lang einen runtergeholt und bin immer noch nicht im Viertel!“ Was will uns der Dichter damit sagen?

Als „Baustein für die Frauenkirche“ in Dresden wurde kürzlich Tagesschausprecher Jan Hofer meistbietend versteigert, und jetzt darf der Gewinner einen Tag lang mit dem smarten Grinsebrink verbringen. Was macht man mit so einem den ganzen Tag? Wer trägt die Spesen, und was ist mit der Nacht? Fragen eines fernsehenden Kolumnisten aus dem siebentürigen Theben.

Liebe Schwestern und Brüder in Christo. Nicht IHR im Haus der Kirche also seid zuständig für den Schutz von Jean Nsotuna Mampouya vor den diabolischen Arschkrampen der Vereinigung für Ausländer-Deportation, sondern ganz allein die Heilig-Geist-Gemeinde. Ja wisset ihr denn nicht, daß unser Herr und Meister bei der Hochzeit von Kanaan keineswegs auf die Zuständigkeit des örtlichen Weinhandels hinwies, sondern stattdessen selbst ein paar Fläschchen Himmlisches Gethsemane-Tröpfchen aus dem Mantel zog? Und stahl sich der spirituelle Heiler Jesus gegenüber den Aussätzigen, Blinden und Lahmen aus der Verantwortung mit Preisgabe der Adresse des ärztlichen Notdienstes oder des nächstgelegenen Reiki-Therapeuten? Schwingt euch an die Glockenschwengel, laßt es hämmern und dröhnen von allen Kirchtürmen, bis den verstockten Schergen des amtlichen Fremdenhasses die Ohren schmerzen und sie ablassen vom Werk des Bösen. Denn wenn das Salz der Erde taub wird, was ist es dann mehr als Streugut für den Winterdienst der ADAC-Straßenwacht?

Gestern streifte mein Hausschlüssel aus Versehen die dunkelblau lackierte Seitentür eines reichlich neuwertigen Fahrzeugs des Typs Honda Shuttle. Abgelenkt worden war ich zuvor durch die Lektüre einer Sinnspruch-Folie im Heck des Fahrzeugs mit dem Schnack: „Du hast ja recht! Ich glaube, daß mir die Straße allein gehört.“ Der Inhaber des Fahrzeugs bezichtigte sich per Aufkleber auch noch diverser weiterer Vergehen: Rechtsschutzversichert, Besucher des Heideparks Soltau und des Campingplatz Blokken/Dänemark sowie Repräsentant von Herbalife. Ich persönlich weiß jetzt genug von ihm. Oder von ihr. Denn auch Frau kann ein Arschloch sein.

Werktätige der Stirn und der Faust! Erbringt gute Leistungen auf dem Wege zum Zehnjahrestag der Bremer taz. Werbt LeserInnen/schaltet Geburtsanzeigen: Wir werden immer mehr! Hofft in weiterhin kindlichem Urvertrauen Ulli Reineking zu Walle-Schaumburg