■ Hochaktuell: Trend zur neuen Einfachheit in der Kochkunst
: Leichtes Wiesenheusüppchen mit Salbei

Pfronten (taz) – Nicht jeder, der Heu liebt, muß gleich eine Kuh sein. Und: Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es soviel Kühe und soviel Wiesen wie im Allgäu. Demzufolge spielt auch seit Menschengedenken das getrocknete Gras für die Ernährung, bislang nur der Kühe, eine wichtige Rolle.

Doch die Zeiten, in denen das Heu ausschließlich den Kühen vorbehalten war, sind vorbei. Künftig wird Heu auch auf dem Speiseplan guter Restaurants und Hotels auftauchen. Die Küchenchefs von sieben Hotels von Oberstdorf bis Pfronten haben diesen Schritt bereits vollzogen. „Kalbstafelspitz in Pfrontener Bergwiesen-Heusud gekocht, mit Gartengemüsestreifen und Kartoffelschnee mit Heubutter“ wird beispielsweise im „Bergpanorama“ in Pfronten- Weißbach angeboten. Oder „In Heu gedämpftes Hähnchenbrustfilet“. Zuvor kann, wer will, ein „Leichtes Wiesenheusüppchen mit Salbei und geräucherten Bodenseefelchen“ ordern.

Schon gibt es erste Interessenten aus anderen Regionen Deutschlands, berichtet einer der Väter des Kochens mit Heu, Karl- Otto Bertle. Ein bärtiger Herr, Anfang fünfzig, schmunzelt, als seine Frau den Löffel zum Mund führt. „Schmeckt gut, etwas gewöhnungsbedürftig“, meint sie. Er aber bleibt eisern. „Ich esse das nicht!“ Ähnlich reagiert am Nachbartisch ein Herr aus Norddeutschland. Doch seine Gemahlin erklärt entschlossen: „Das möchte ich schon auch einmal versuchen.“

Das Wichtigste am Kochen mit Heu, sagt Hotelchef Karl Otto Bertle, sei dessen Qualität. Nur von ausgesuchten und nicht gedüngten Bergwiesen kommt das getrocknete Gras, das auch gleich noch zum Garnieren verwendet wird. Auf einer Bergwiese, die über 900 Meter hoch liegt, haben sie in Pfronten mal einen Quadratmeter abgesteckt und festgestellt, daß darauf rund 80 wohlschmeckende Pflanzen wachsen. Nach einem mutigen Selbstversuch des Reporters gesteht der Hotelbesitzer, daß auch in Sachen Verdauung bereits weitergedacht wurde. Ein Heuschnaps ist schon in Arbeit.

Ganz neu ist das Kochen mit Heu freilich nicht. In einem Landgasthof in der kleinen fränkischen Gemeinde Langenaltheim bei Weißenburg kocht Küchenmeister Ulrich Bade schon seit drei Jahren mit Heu. Besonders beliebt bei seinen Gästen ist der Lammrücken, mit Bärlauch gefüllt und auf Heu gegart. Und auch die Heu-Champagner-Soße ist bei den Gästen im „Ochsen“ sehr begehrt. Klaus Wittmann