IG Metall in Bayern kündigt Tarifverträge

■ 1997 droht ein Arbeitskampf. Walter Riester greift im taz-Interview den Kanzler an

München/Bonn (AP/taz) – Im Streit um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall will die IG Metall in Bayern beide Manteltarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie kündigen. Bezirksleiter Werner Neugebauer kündigte gestern nach einem Spitzengespräch mit dem Arbeitgeberverband in München an, die Gewerkschaft werde die Verträge Ende Oktober mit Wirkung zum 31. Januar 1997 kündigen, um den Weg für einen Arbeitskampf freizumachen. Nach Ablauf der Friedenspflicht am 28. Februar könne dann gestreikt werden. In mehreren Werken des Automobilherstellers Mercedes-Benz haben gestern Protestaktionen und Kundgebungen der Belegschaft gegen die angekündigte Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall stattgefunden. An den Aktionen beteiligten sich rund 25.000 Beschäftigte. Die Opposition im Bundestag hat gestern die Rücknahme des Gesetzes zur Lohnkürzung bei Krankheit gefordert. Mindestens müsse aber gesetzlich klargestellt werden, daß die Neuregelung nur für neue Tarifverträge gelten könne, verlangten Redner von SPD, Bündnisgrünen und PDS in einer von der PDS beantragten aktuellen Stunde. Die Koalitionsparteien hingegen wollen eine Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch für die Arbeitnehmer durchsetzen, die bislang noch von Tarifverträgen geschützt sind. Auf Dauer könne es in Deutschland kein „Zweiklassenrecht“ geben, sagte CDU- Sozialexperte Julius Louven.

Schwere Kritik an Helmut Kohl übt Walter Riester, stellvertretender IG-Metall-Vorsitzender, in einem taz-Interview. Der Kanzler habe die Arbeitgeber zum Tarifbruch ermutigt, sagte Riester. Interview Seite 7