Ein Obolus für Europa

■ Italiens Regierung will Einführung des Euro mit mehr Steuern finanzieren

Rom (taz) – Mit einem höchst umstrittenen Mittel will Italiens Mitte-Links-Regierung den Beitritt des Landes zur Gruppe der ersten Euro-Länder erreichen. Auf alle direkten Steuern soll eine Zusatzabgabe aufgeschlagen werden. Wer mehr als umgerechnet 19.000 Mark im Jahr verdient, soll für die Sanierung des Staatshaushalts berappen, voraussichtlich in Form eines einmaligen Betrags in Höhe der 8prozentigen Kirchensteuer.

Der Gedanke, sich einerseits aus dem absehbaren Haushaltsloch 1996 von fast 12 Milliarden Mark durch Verlagerung auf 1997 zu stehlen, andererseits die Sanierung des Haushalts der nächsten Jahre offiziell ohne Anhebung der Steuersätze als solcher zu erreichen, geisterte bereits seit Wochen durch die Medien. Da bislang keine großen Proteste aus der Bevölkerung kamen, hoffte das Kabinett Prodi wohl, es werde so bleiben. Doch lauernd hatte die Rechtsopposition stillgehalten, bis die Sache im Kabinett beschlossen war. Nun aber feuert sie volle Breitseite gegen die neue Steuer. „Bruch eures heiligsten Wahlversprechens“ wirft der Chef der Nationalen Allianz, Gianfranco Fini, der Regierung vor. Tatsächlich hatte Romano Prodi vor seiner Regierungsübernahme hoch und heilig versprochen, die Sanierung und den EU-Beitritt ohne Abgabenerhöhung und ausschließlich durch Kappung öffentlicher Ausgaben zu vollbringen.

Auch innerhalb der Koalition grummelt es. Der Fraktionsvorsitzende des „Ronnovamento italiano“, dem Außenmminister Dini angehört, trat aus Protest gegen die Steuerpolitik seiner Regierung zurück. Und eine fatale Folge der angekündigten Europasteuer ist, daß der sowieso schrumpfende Konsens der einst so europabegeisterten Italiener geradezu sprunghaft abnimmt. Werner Raith