■ Bonn apart
: Deutsche Sprach schwer

Mit dem Gebrauch der Sprache, insbesondere dem Kontext im richtigen Sinnzusammenhang unter Berücksichtigung der Verständlichkeit, ist es so eine Sache im Bonner Politikgeschäft. Da schweifen wir doch die Tagesordnung zur 702. Bundesratssitzung durch, die gestern vonstatten gegangen ist, und worüber blockieren unsere Augen unter Tagesordnungspunkt 15: „Entschließung des Bundesrates zu Maßnahmen zur Verbesserung der Risikokapitalausstattung für innovative Existenzgründungen und junge Technologieunternehmen.“ Unter Punkt 63 vergoustieren wir: „Verordnung über die versicherungsmathematische Bestätigung und den Erläuterungsbericht des Verantwortlichen Aktuars.“ Darüber soll man zur Abstimmung schreiten?

Da kann nur eine helfen: Dr. Erika Steinbach. Frau Steinbach hat eigentlich gar keinen Doktortitel, doch den wollen wir ihr einfachheitshalber mal verschreiben. Denn wer läßt sich schon von einem Doktor kurieren, der nicht Dr. ist? Frau Dr. Steinbach also, die Kulturbeauftragte der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, nimmt sich der deutschen Sprache an. „Sprache ist Fundament unserer Kultur, Sprache begründet unserer Kultur“, führte sie beim 3. Venusberggespräch der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus. Thema: „Das Land, das meine Sprache spricht, o Land, wo bist du?“ (Franz Schubert). Es muß schon gar scheußlich um unser Vaterland stehen.

„Ästhetik und Anmut waren bestimmende Elemente sprachlicher Gestaltung“, trauert Dr. Steinbach längst verklungenen Wonnen sprachlicher Schöpfung hinterher. „Heute“ dagegen, beklagt sie, „wird Sprache verkürzt, verknappt und zielgerichtet eingesetzt, um Menschen für seine Absichten zu gewinnen.“ Wie wahr.

Die SPD z. B. in Bonn. Diese Woche. Mit einem Plakat. Überschrieben ist es mit: „Unsere Alternative zu Kohls Kahlschlag“. Darunter: „Kindergelderhöhung: durchsetzen; Kündigungsschutz: sichern; Lohnfortzahlung: erhalten; ABM-Programme: fortsetzen.“ Frau Dr. Erika Steinbach zum Trotz: Der Text ist noch zu lang. Prägnanter wäre: „Weiter wie bisher, Deutschland“. Markus Franz