Das Portrait
: Wollte keine Lügner verteidigen

■ Michael Böckenhauer

„Ich muß ihn nicht verurteilt sehen“, sagt Michael Böckenhauer, der Mann, der die Anklage gegen Safwan Eid vertritt. Aber er geht davon aus, daß der gebürtige Libanese das Feuer in der Lübecker Hafenstraße am 18. Januar dieses Jahres selbst gelegt hat. Sollte die Beweisaufnahme und die Hörung der verschiedenen Zeugen seine These widerlegen, wäre er „offen für alle Varianten“.

Böckenhauer sagt, es treffe ihn „tief“, als „Rassist“ tituliert zu werden. Der Lebensweg des Juristen spricht für diese Empfindsamkeit. Der 40jährige trat im Oktober 1972 in die SPD ein. Willy Brandt war für einen, der für das 68er-Gefühl zu spät und für Punk zu früh geboren worden war, die entscheidende Figur: „Der stand für das bessere Deutschland, für Weltoffenheit, für die Republik, die nicht einengt.“

Der Schleswig-Holsteiner, der 1985 mit einem Thema zur Verwahrung und Rehabilitation für Straftäter außerhalb des Gefängnisses promovierte, arbeitete bis 1988 als Rechtsanwalt. Weshalb er sich dann auf einen Posten als Staatsanwalt bewarb, erklärt er unumwunden: „Ich war als Anwalt gezwungen, meine Mandanten auch dann zu verteidigen, wenn ich eigentlich von ihrer Schuld überzeugt war.“ Kurzum: Das Lügen war ihm zuwider. In seiner Behörde gilt er nicht nur wegen seines jugendhaften Aussehens als Außenseiter, hinzu kommt, daß er eben für rechtsradikale Straftaten zuständig ist.

Böckenhauer ist im vergangenen Oktober nach exakt 20 Jahren aus der SPD ausgetreten „wegen der krummen Haltung zur Asylpolitik, das war nicht mehr meine Partei“. Ohnehin habe er als Mitglied der – als liberal und wenig arbeitertümelnd bekannten – Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen – keine Perspektive mehr gesehen: „Unsere Befunde zählten immer weniger, der Einfluß schwand zusehends.“

Nur noch in einem Gremium ist er momentan tätig – in der Neuen Richtervereinigung, einer Alternative zum konservativen Richterbund und hervorgegangen aus der Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre. Daß er im Lübecker Brandmordprozeß an seinen Hauptbelastungszeugen glaubt, versteht sich von allein; daß er die Ermittlungen einseitig geführt habe, will er als Vorwurf nicht annehmen: „Rassistische Ermittlungen vermag ich nicht zu sehen. Ich stände für diese auch nicht zur Verfügung.“ Jan Feddersen