Gut Wetter in Washington

■ Clinton braucht das Treffen von Netanjahu und Arafat

Einen militanten palästinensischen Aufstand zu provozieren, ist eine Sache. Sich mit seinem Freunden in den USA zu überwerfen, eine andere. Netanjahu scheut weder vor dem einen noch dem anderen zurück.

Den Tunnelausgang will Israels Regierungschef auf gar keinen Fall wieder schließen. Eine Tagesordnung für den Gipfel in Washington festlegen will er auch nicht. Statt dessen läßt er Panzer vor den palästinensischen Autonomiestädten auffahren, um zu zeigen, wer Herr im Hause ist. Und seine Berater reden öffentlich darüber, die 30.000 palästinensischen Polizisten zu entwaffnen. Netanjahu verschärft die Lage ohne Not, aber nicht ohne Absicht. Er will Clinton zwingen, im US-Wahlkampf für Israel Partei zu ergreifen.

Der US-Präsident macht erst einmal gute Miene zum bösen Spiel. Er hat den Gipfel einberufen, auch ohne festgelegte Tagesordnung. Arafat darf sich auf einer europäischen Zwischenstation ein bißchen Rückendeckung aus der EU holen. Aber antanzen muß er. „Wir erwarten ihn hier“, hieß es im US- State-Department kühl.

Clinton hat sich darauf verlegt, gut Wetter zu machen, damit der Konflikt nicht eskaliert und seinen Wahlkampf torpediert. Doch ist es ein offenes Geheimnis, daß Washington die Schuld an dem Ausbruch des Konflikts der Regierung Netanjahu zuschreibt. Nur deswegen ließen die USA die Verurteilung Israels im Sicherheitsrat passieren.

Auch wenn Clinton vor der Wahl die offene Konfrontation mit Netanjahu scheut, sie ist auf Dauer unausweichlich. Netanjahu ist entschlossen, die traditionelle Unterstützung Washingtons für Israel auf eine harte Probe zu stellen. Doch er könnte sich arg verrechnen. In seiner Koalition tun sich erste Risse auf. Gewiß, Ministerpräsident wird er bleiben. Als solcher ist er schließlich direkt gewählt. Doch ob seine Koalition den Krach übersteht, wenn es zum Schwur mit den USA kommt, steht dahin. Die religiöse Schas-Partei hat bereits angeregt, eine Koalition der nationalen Einheit zu bilden. Offiziell werden die USA sich nicht einmischen. Aber hinter den Kulissen wird es ein kräftiges Hauen und Stechen geben, mit durchaus offenem Ausgang. In Washington ist vorerst nur Entschärfung angesagt. Für die Araber ist das zu wenig. Für den Friedensprozeß auch. Georg Baltissen