■ Währungsstreit zwischen Italien und Frankreich
: Machtpoker um den Euro

Daß Frankreichs Staatspräsident Chirac die Italiner nicht mag, wohl regelrecht verachtet, ist altbekannt. Dem derzeitigen Außenminister Lamberto Dini hat er zudem noch immer nicht verziehen, daß dieser voriges Jahr als einziger wichtiger Regierungschef der EU die UNO-Resolution gegen die Atomversuche am Moruroa-Atoll unterstützte. Auch daß der überhebliche Franzose Visiten in anderen Ländern mit massivem Sperrfeuer beginnt, ist nicht neu.

Seine jüngsten Invektiven gegen Italien sind indes mehr als persönliche Eitelkeiten. Chirac geht davon aus, daß Italien die Maastrichter Kriterien nicht erfüllen wird, und schlägt deshalb Pflöcke ein, die er im Hinblick auf die „erste Gruppe“ für grundlegend hält. Eine „Aufweichung“ der Rahmenrichtlinien – so weit wie das für Italien nötig wäre – würde nach Chiracs Ansicht das Gesamtwerk Euro von der ersten Stunde an gefährden würde. Wichtiger ist ihm deshalb die Frage, wie die Euro-Partner mit denen umgehen, die „draußen“ bleiben. Chirac und die französische Industrie werden von regelrechten Alpträumen geplagt, wenn sie daran denken, wie ihnen die Italiener in Zeiten schwacher Lira international die lukrativsten Aufträge abgejagt hatten. Daher rührt seine harsche Forderung, den Italienern selbst dann, wenn sie draußen bleiben, einen engen Rahmen für das Floating ihrer Lira aufzuzwingen. Alarmiert hatten die Franzosen die Forderung des Fiat-Generalmanagers Romiti, Italien solle „zuerst das Problem Arbeitslosigkeit angehen“, bevor es dem Euro beitritt – ein klarer Hinweis, daß die Manipulation der Kurse langfristig im Sinne der italienischen Wirtschaft ist.

Natürlich wird Chirac die Italiener zu keinem festen Lirakurs außerhalb des Euro zwingen können. Doch das Problem ist auf dem Tisch. Entweder die „Ersteuropäer“ schaffen es neben dem Euro noch einen Verbund nach Art der alten „Währungsschlange“ mit austarierten Wechselkursen zu schaffen (was diese sich wohl kräftig bezahlen ließen) – oder die Draußengebliebenen werden ihnen die Kunden so lange reihenweise abjagen, bis sie ihren Euro dem Niveau der anderen annähern. Werner Raith