Nervengiftwolke schuld an Golfkriegssyndrom

■ Nach der Sprengung eines irakischen Depots im Golfkrieg durch US-Truppen waren Tausende von Soldaten dem Gift ausgesetzt. Warum schwieg das Pentagon so lange?

Washington (AFP/dpa) – Offenbar weit mehr US-Soldaten als ursprünglich angenommen sind im Golfkrieg dem Gift chemischer Waffen ausgesetzt gewesen. Das US-Verteidigungsministerium teilte am Dienstag abend in Washington mit, möglicherweise seien über 15.000 US-Soldaten verseucht worden, als die US-Armee am 10. März 1991, wenige Wochen nach dem Ende des Golfkriegs, eine Wasserstelle voller Raketen bei Kasimijah in Südirak zerstört habe. Erst später stellte sich heraus, daß die Wasserstelle als Lager für Nervengift diente. Die Vergiftung könnte das „Golfkriegssyndrom“ Tausender US-Soldaten erklären, die bis heute unter starken Gesundheitsbeschwerden leiden. Insgesamt 22.000 Menschen haben sich im US-Verteidigungsministerium wegen Gesundheitsschäden aus dem Golfkrieg registrieren lassen. Die ehemaligen Soldaten klagen unter anderem über Müdigkeit, Gedächtnisschwund und Verdauungsprobleme. Ein Pentagon-Sprecher sagte, die wirkliche Zahl der betroffenen Soldaten könne noch viel höher liegen. Er schloß auch 100.000 Opfer nicht aus.

Ursprünglich hatte es geheißen, rund 1.100 US-Soldaten seien dem Gift ausgesetzt gewesen. Diese Zahl war vor wenigen Tagen auf 5.000 angehoben worden. Nun soll der US-Geheimdienst CIA anhand der Wetterverhältnisse vom 10. März in einer Computersimulation ermitteln, wie weit der Wind das Gift getragen hat. Ferner steht die Frage im Raum, warum das Pentagon erst jetzt die Verseuchung der US-Soldaten zugibt, obwohl diese bereits im Herbst 1991 entdeckt wurde.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte am Mittwoch, Kasimijah sei der einzige bekannte Vorfall im Rahmen des Golfkriegs, bei dem US-Soldaten ohne ihr Wissen chemischen Kampfstoffen ausgesetzt gewesen seien. Die Umstände der Sprengung von Kasimijah sollen nun in mehreren Untersuchungen geklärt werden. So soll der Frage nachgegangen werden, warum die US-Soldaten vor der Sprengung nicht erkannten, daß der Ort als Lager für Nervengift genutzt wurde.