■ Birma: Die trügerischen Hoffnungen der Opposition
: Zynisches Kalkül

„Vom Regieren versteht die Lady nichts“, befand ein einflußreicher Politiker Südostasiens vor kurzem. Er empfahl der birmesischen Politikerin Aung San Suu Kyi, sie möge brav weiter hinterm Gartenzaun bleiben und der Opposition als Symbolfigur dienen. Begründung: Ein Land wie Birma mit seinen vielen aufständischen Minderheiten könne nur vom Militär regiert werden. Nur die Armee verhindere, daß Birma sich in ein neues „Bosnien“ verwandele.

Wenn Singapurs Altpolitiker Lee Kuan Yew so die birmesische Militärherrschaft verteidigt, ist nicht nur die Junta in Rangun entzückt. Andere Regierungen stimmen gerne zu. Allen voran Indonesien – in dem die birmesischen Generäle ein Vorbild sehen, wie man in einem prosperierenden Vielvölkerstaat die Macht behalten kann. Dieses Argument ist aber auch ein beliebtes Geschoß vieler westlicher Geschäftsleute und Politiker gegen eine politische Öffnung in Birma. Sie verweisen auf Länder wie Südkorea und Taiwan, die jahrzehntelang mit dem Kriegsrecht regiert wurden. Als Wirtschaft und Mittelschicht genug entwickelt waren, sagen sie, hätten die Militärs freiwillig den Zivilisten die Politik überlassen.

Wie lange sollen die Birmesen also noch warten? Als „die Lady“ im Juli vergangenen Jahres aus dem Hausarrest entlassen wurde, wuchs die Hoffnung. Aung San Suu Kyi bot den Generälen sofort wieder den Dialog an. Denn: politische Liberalisierung und wirtschaftliche Entwicklung kann es nur mit der Armee geben. Suu Kyi wußte auch, daß es nicht leicht sein würde, die Birmanen an einen Tisch mit den mißtrauischen Minderheiten zu bringen.

Eine kurze Zeit schien es im Militär auch einen „modernen Flügel“ zu geben, der sich vom paranoiden Weltbild des alten Diktators Ne Win befreit hatte. Die Hoffnung trog. Die Armee war zwar gezwungen, das Land wirtschaftlich nach außen zu öffnen, weil sie pleite war. Doch mit dem Geld konnte sie ihre Herrschaft zementieren, ohne ihre Politik zu ändern. Die Landbevölkerung wird ausgehungert und vertrieben. Hunderttausende sind bereits geflohen. Birmas Militärs weiter zu finanzieren und ihre Untertanen auf die Zukunft zu vertrösten, ist blanker Zynismus. Jutta Lietsch