"Kunde muß wählen können"

■ Henrik Kröner, EuroCommerce-Generalsekretär, will verhindern, daß Monsantos neue Gentech-Sojabohnen ohne Kennzeichnung in Europas Nahrungsmittel kommen

taz: Herr Kröner, warum wehren Sie sich dagegen, daß demnächst die genmanipulierte Sojabohnen von Monsanto auf den europäischen Markt kommen?

Henrik H. Kröner: Wir haben im Grundsatz gar nichts gegen Gentech-Soja, das mal vorab gestellt. Wir sind beunruhigt, weil unsere Kunden vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollen. Ohne daß ihnen Alternativen angeboten werden, sind sie gezwungen, Lebensmittel zu kaufen, die genmodifiziertes Soja enthalten. Wir stellen fest, daß der Verbraucher nicht ausreichend über die Vorteile dieser Produkte informiert worden ist. Weil das so ist, muß er wählen können zwischen Produkten, die modifiziertes Soja enthalten, und solchen, die frei davon sind. Vor dem Hintergrund von BSE und der Diskussion über Hormone im Rindfleisch muß man die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen.

Was fordern Sie?

Wir verlangen, daß der Teil der Ernte in den USA, der kein modifiziertes Soja enthält, nach Europa verschifft wird. Wenn ein Produzent hier dann trotzdem genmodifiziertes Soja verwenden will, dann ist das seine Sache. Er muß es dann aber auch klar deutlich machen.

Nun behauptet aber Monsanto und die American Soybean Association, daß eine Trennung so gar nicht möglich sei.

Genau das hat man uns auch gesagt. Wir sind enttäuscht über diese Mitteilung. In den USA gibt es ein relativ großes Anbaugebiet für Soja. Im südlichen Teil wird von den Bauern die modifizierte Sojabohne angebaut, im nördlichen aber nicht. Es ist also eine regionale Trennung vorhanden. Die Soybean Association und Monsanto dahinter sagen, der Sojafarmer habe ja nur ein großes Silo, in dem alles zusammen vermischt eingelagert werde. Das kann ja auch so sein. Aber er macht das auch nur, weil er von der Beunruhigung in Europa nichts weiß. In Amerika scheint das modifizierte Soja kein Thema zu sein. Wenn dem Bauer aber bewußt wäre, daß 40 Prozent der Ernte, die ja nach Europa exportiert wird, hier auf Widerstand stößt und der europäische Marktanteil auf dem Spiel steht, dann gibt es vielleicht doch doch die Möglichkeit, zuerst die nicht veränderten Sojabohnen zu ernten und erst später die modifizierten. Das ist eine Frage der Bewußtseinsbildung bei den Farmern und im gesamten Sojahandel in den USA. Wir werden deshalb unsere Forderungen nach Trennung und Kennzeichnung auch in den USA vortragen, so zum Beispiel kommenden Montag auf einer Veranstaltung in Washington.

Heißt das, wenn in Europa die Lebensmittelverarbeiter klar sagen würden, wir wollen kein Gentech-Soja oder aber getrennte Lieferungen, dann würden die Lieferanten sich darauf einstellen?

Ja, davon gehe ich aus. Ich habe den Eindruck, daß die Lebensmittelindustrie auch schon wachgeworden ist und an die Ölmühlen herangetreten ist. Wir wissen von einigen Firmen auch, daß sie verlangt haben, nur Produkte mit nicht modifiziertem Soja zu liefern. Einige Unternehmen sind zum Beispiel auch dabei – ich möchte keine Namen nennen –, jetzt die noch nicht modifizierte Ernte aufzukaufen. Alles, was auf dem Weltmarkt zu Verfügung steht. Hersteller von Babykost, unter anderem die Nestle-Tochter Alete, haben angekündigt, in ihren Produkten werde kein modifiziertes Soja drin sein. Wenn Alete das behauptet, dann ist es offensichtlich möglich, die Sojabohnen zu trennen. Auf jeden Fall bewegt sich etwas. Man muß das Problem grundsätzlich sehen, denn es ist erst der Anfang einer solchen Entwicklung. Die nächsten Produkte werden folgen. Es kommt jetzt darauf an, die Weichen richtig zu stellen.

Wie könnte eine Lösung Ihrer Meinung nach aussehen?

Der Verbraucher muß nachvollziehen können, welche Bestandteile ein Produkt enthält und wie es hergestellt worden ist, wenn er es wünscht. Wir müssen nicht alles etikettieren, aber wir müssen als Handel die Möglichkeit haben, dem Kunden das mitzuteilen. Die Technik bietet da Möglichkeiten, beispielsweise eine CD-Rom mit allen Infomationen in jedem Geschäft. Ich bin etwas vorsichtig mit der Kennzeichnung. Man kann nicht alles auf eine Packung aufdrucken. Aber wenn Probleme da sind, dann muß man sagen können, das ist hier enthalten und das nicht.

Politiker und Industrievertreter sagen, die mangelnde Akzeptanz von Gentech-Food sei ein speziell deutsches Problem. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Wir vertreten hier in Brüssel ja den gesamten europäischen Einzelhandel. Alle unsere Mitglieder haben die Politik mit unterschrieben, die wir zum Ausdruck bringen ...

Auch die deutschen Verbände?

Ja, sicher. Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels, der Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels, die sind ja alle bei uns angeschlossen. Die unterstützen uns in dieser Frage. Auch in Holland, England und in Frankreich, wo immer Sie auch hingucken. Die Bevölkerung in den südeuropäischen Ländern ist zwar weniger beunruhigt, aber auch dort ist ein großer Teil kritisch. Und der Handel möchte auch diesen Kunden eine Alternative bieten können. Interview: Wolfgang Löhr