Gefährlich nah am Rotor

■ Die Ausstattung für die neue ZDF-Serie "Die Rettungsflieger" stellt Minister Rühe, höchstpersönlich

Angesichts der aktuellen Diskussion über die Gesundheitsreform bieten Ärzte, Patienten und Krankenkassen ein Bild des Jammers. Dabei ist der Kampf um Leben und Tod auf Krankenschein viel spannender – zumindest im Fernsehen. Voll im Trend liegt momentan eine Mischung aus Schwarzwaldklinik und Reality-TV. Darauf setzt das ZDF mit gleich zwei Projekten. Erst kürzlich wurde die Serie „Alarmcode 112“ im Vorabendprogramm gestartet. Das brandheiße Thema sind Feuerwehrmänner zwischen lebensgefährlichen Einsätzen und Privatleben.

Im selben Stil wird zur Zeit in Hamburg der Pilotfilm zur geplanten ZDF-Staffel „Die Rettungsflieger“ abgedreht, ein Sendetermin dafür steht noch nicht fest. Die Hauptrolle spielt anstelle des knallroten Löschmobils ein neon- beschrifteter Hubschrauber der Bundeswehr. Das ist neu in einer deutschen TV-Action-Serie, bisher nahmen Armeehubschrauber nur an Drehs für Dokumentarfilme teil.

Die Idee zur Verquickung von todernster Notfallrettung und lockerer Unterhaltung hatte der Produzent Peter Otto vom Studio Hamburg. Da er den Alltag der „zivilen Luftrettungsdienste“ so authentisch wie möglich darstellen wollte, wurde ein Hubschrauber der Bundeswehr engagiert. Tatsächlich werden in Hamburg seit den 70er Jahren die „Rettenden Engel“ mit Gerät und Personal der Luftwaffe ausgestattet, im Gegensatz zu Berlin, wo derlei ein Hubschrauber des ADAC übernimmt. Welche Organisation für die Luftrettung verantwortlich ist, regelt das jeweilige Bundesland.

Doch selbst das Fernsehen kann nicht eben mal einen Bundeswehr- Hubschrauber mieten. Über Angelegenheiten dieser Größenordnung wird in Bonn entschieden. Den ZDF-Antrag bearbeitete denn auch Volker Rühe persönlich, der Vertrag besteht nun direkt zwischen dem Verteidigungsministerium und dem ZDF: TV statt Ifor. Um sich über die neue Zusammenarbeit zu informieren, wurde die Filmcrew der „Rettungsflieger“ sogar mit militärischen Ehren bedacht. Einen Tag lang verfolgte Volker Rühe in der Hamburger „Lettow-Vorbeck- Kaserne“ die Dreharbeiten und war zufrieden. „Über alles mögliche werden Serien gedreht, jetzt ist endlich auch einmal die Bundeswehr dabei.“

Überwacht werden die Dreharbeiten ansonsten vom Oberstleutnant des Lufttransportkommandos in Münster, Klaus Vogelsang. Als Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sieht er ganz genau hin – mit der Videokamera im Anschlag. Zusätzlich zum Hubschrauber stellt die Bundeswehr auch vier fachkundige Soldaten des Lufttransportgeschwaders 63 Hohn bei Rendsburg ab, einschließlich Pilot und Bordmechaniker. Die Jungs werden dringend gebraucht – nicht nur zum Fliegen, sondern auch für die ärztliche Beratung.

Einer der Drehorte liegt mitten in der Hamburger Innenstadt. Mutter und Tochter verunglücken mit dem Fahrrad, die Kleine liegt im Koma. Kamera ab für das Rettungsteam. Erste Hilfe leisten Notärztin Maren Maibach (Gerit Kling), Sanitäter Thomas Asmus (Ulrich Bähnk), Navigator Max Westphal (Frank Stieren) und Pilot Alexander Karuhn (Matthias Leja). Laut Drehbuch heißt die Devise: „Search And Rescue“, der sich die vier mit Leib und Seele verschrieben haben. „Bei jedem Einsatz sind sie in höchster Dramatik aufeinander angewiesen, jede Sekunde zählt zur Rettung eines Menschenlebens“, verspricht das ZDF. Insgesamt vier Noteinsätze muß das Team, das auch private Probleme gemeinsam meistert, in 90 Filmminuten bewältigen. Autor Rainer Berg hat auch die Dialoge für „Alarmcode 112“ geschrieben – mit zum Teil identischen Textbausteinen: „In jedem tickt eine andere Uhr.“

Damit bei den Schauspielern jeder Griff sitzt und alle Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden, mußten sie bei der Bundeswehr zwei Tage lang zum Training antreten. Geübt wurde die fachgerechte Bedienung des EKG sowie das korrekte Ein- und Aussteigen bei rotierenden Flügeln. Spaß hat es gemacht, sagt Gerit Kling: „Ich wollte immer Medizin studieren.“ Die graue Uniform der Luftwaffe paßt ihr perfekt.

Der Einsatz der Bundeswehr am Drehort hebt nicht nur das Image der Armee, sondern auch die Stimmung der vier Bereitschaftssoldaten. In den entscheidenden Szenen sind sie für den Stunt am Steuerknüppel zuständig. Am Hamburger Stadtrand in der Plattenbausiedlung Mümmelmannsberg – so steht's im Storyboard – soll ein bewußtloser Selbstmörder zum Leben erweckt werden. Eile ist geboten. Zwei Kameras stehen für den Dreh bereit. Luftwaffen-Pilot Horst Göbel schreitet zur Tat. Mit lautem Geknatter schiebt sich zuerst der Hauptrotor über das Dach des Hochhauses, langsam sinkt der Hubschrauber gefährlich nah am Balkon Stockwerk für Stockwerk ab, bis zur sicheren Landung. Die Einstellung klappt gleich beim ersten Mal. Peter Otto ist zufrieden. Caroline Schmidt-Gross