Informationen haben ihren Preis

■ Forscher müssen für die Veröffentlichung ihrer Arbeiten immer mehr zuzahlen

Was dem Sportler die Trophäensammlung, ist dem Forscher die Liste seiner Veröffentlichungen. Sie kann gar nicht umfangreich genug sein. Wer mitspielen will im Wissenschaftsmonopoly, muß danach trachten, seine Ergebnisse in den angesehensten Journalen des jeweiligen Fachgebiets zu plazieren. Nur so werden sie von KollegInnen registriert, nur so fließen weiter Forschungsgelder.

Wer hier Punkte machen will, hat mancherlei Hindernisse zu überwinden: Den Herausgebern muß das Thema passend für ihr Blatt erscheinen, und Gutachter wollen von der Qualität der Arbeit überzeugt werden. Doch neuerdings gewinnt eine weitere Hürde an Bedeutung: In zunehmendem Maße erwarten wissenschaftliche Zeitschriften, die AutorInnen möchten für die Publikation ihrer Ergebnisse bezahlen. So verlangt etwa das renommierte Journal of Biological Chemistry rund 100 Mark für jede Druckseite und 150 pro Foto, das Journal of Neuroscience 60 Mark pro Seite und 1.500 für jede farbige Abbildung. The Plant Cell nimmt keine „page charges“, dafür eine bescheidene Bearbeitungsgebühr von umgerechnet 380 Mark je Manuskript zuzüglich 1.300 Mark für ein Farbbild. Insbesondere die Preise für Abbildungen können die Kosten also in beträchtliche Höhe schnellen lassen.

Professor Rolf Wagner, Molekularbiologe an der Universität Düsseldorf, stellt fest: Veröffentlichungen werden immer teurer. Kleinere, finanziell nicht allzu üppig ausgestattete Arbeitsgruppen können es sich bald nicht mehr leisten, in den Zeitschriften ihrer Wahl zu publizieren. Dazu kommt, daß solche Druckkosten nicht aus den stets sachgebundenen Drittmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder des Forschungsministeriums bezahlt werden dürfen. Die Grundfinanzierung aus Geldern der Universität ist aber bei vielen Instituten so gering, daß keinesfalls Zuschüsse von vielleicht 1.500 Mark pro Manuskript daraus bestritten werden können. Faktisch bedeutet das einen Maulkorb für viele Arbeitsgruppen, konstatiert Wagner.

Ursachen für diese Entwicklung sieht er in mehreren Punkten: So war es bisher üblich, daß Wissenschaftler Sonderdrucke ihrer Artikel erwarben, um diese im Kollegenkreis zu verbreiten. Im Zeitalter des Fotokopierers und der elektronischen Publikation ist diese Finanzquelle der Verlage weitgehend versiegt. Hinzu kommen Kürzungen der Bibliotheksetats: Wo mal eben 30 Prozent der Zeitschriftenabonnements wegfallen, müssen die Verlage anderweitig sehen, daß sie zu ihrem Geld kommen. Schließlich drängen sich auf dem enger werdenden Markt auch immer mehr Konkurrenten: Das Wissenschaftsmagazin Nature besprach vor kurzem nicht weniger als 36 neue naturwissenschaftliche Zeitschriften (ohne Mathematik und Medizin), weitere 18 wurden – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufgelistet. Wo es beispielsweise auf dem Gebiet der Neurobiologie in den siebziger Jahren rund ein Dutzend relevanter Journale gab, sind es heute mindestens hundert, stellt der Neuropsychologe William Milberg fest.

Was schon für Forscher hierzulande ein beträchtliches Hemmnis bedeuten kann, wird für Wissenschaftler aus ärmeren Ländern leicht zur unüberwindlichen Hürde. Sie sind in internationalen Zeitschriften ohnehin völlig unterrepräsentiert: In den von der Datenbank „Scientific Citation Index“ (SCI) 1994 erfaßten Journalen sind US-Amerikaner mit etwa 30 Prozent aller Arbeiten vertreten, deutsche Forscher mit gut 7 Prozent, aus Indien stammen dagegen nur 1,6 und aus Bolivien 0,01 Prozent. Die meisten afrikanischen Länder liegen noch darunter. Nach Angaben der WHO tragen 80 Prozent der Welt gerade mal 2 Prozent zum internationalen wissenschaftlichen Diskurs bei.

Während das Reden von der „Informationsgesellschaft“ Hochkonjunktur hat, wird der tatsächliche Austausch wissenschaftlicher Ergebnisse für Teile der Scientific Community eher schwieriger, zumindest aber teurer. Die Kluft wächst zwischen denen, die über immer mehr Informationen verfügen, und denen, die sich Informiertheit nicht mehr leisten können. Wiebke Rögener