Alkoholseligkeiten und Klassenunterschiede

■ Brendan Behans lärmiger Trinkweisheiten-Exzeß „Das gleiche noch mal!“

In der bekanntlich nicht kurzen Reihe irischer, nichtanonymer Alkoholiker nimmt Brendan Behan (1923-1964) einen der vorderen Plätze ein. Seine extrovertierte, unter Alkoholkonsum ins Lärmige tendierende Erscheinung gereichte ihm zu notorischer Berühmtheit. Ein Leben zwischen jugendlicher IRA-Mitgliedschaft, Zuchthaus, Alkoholsucht und Diabetes: dramatisch-irisch.

Dem Drama war Behan auch in seinem literarischen Schaffen zugetan. Das zu Lebzeiten in Prosa Veröffentlichte beschränkte sich – neben seinem autobiografischen Gefängnisroman Borstal Boy – auf eine Zeitungskolumne, die er 1954-56 für die Irish Press schrieb. Der Hamburger Nautilus-Verlag hat unter dem suggestiv-griffigen Titel Das gleiche noch mal! eine Übersetzung dieser journalistischen Skizzen veröffentlicht, zusammen mit einem Romanfragment Behans aus dem Jahre 1958:Die Katakomben. Dessen Handlung besteht im Kern aus einer feucht-fröhlichen Feier im Hause ominöser Hispano-Iren und deren Folgen, wobei die berauschte Harmonie durch das Hervorbrechen von Klassenunterschieden jäh getrübt wird. Leider wirken die rund fünfzig Seiten leicht konzeptlos und anfangs recht hölzern. Mit zunehmender Trunkenheit der Charaktere – Behan selbst agiert als Ich-Erzähler – kommt die Story etwas ins Rollen und besticht dann durch bodenständige Dialoge, die wiederum um des Trunkenboldes Thema Nummer eins kreisen. (“Was trinkst du“, fragte ich. „Schlechte Zeiten“, meinte er. „Für ihn auch einen Pint Stout“, sagte ich.) Ein roter Faden fehlt aber, und das Fragment hinterläßt – bis auf den Spaß subtiler Trinksprüche (“Auf daß sich ihre Eier schälen!“) – leider wenig Spannendes.

Trotz des unterschiedlichen Genres bietet sich auch in der anschließenden Sammlung der Zeitungskolumnen Behans größtenteils das gleiche Bild erzählerischer Unentschlossenheit, ohne daß die Digressionalität etwa a la Tristram Shandy zum Thema gemacht würde. Die vierzehn mit Liedern und Sprichworten durchsetzten Glossen, in denen Behan Anekdoten, Kindheitserinnerungen und Reiseschilderungen festgehalten hat, schneiden zumeist die Problematik der Teilung Irlands an. Trotz dieses gemeinsamen Nenners herrscht aber auch hier eine gewisse Ziellosigkeit, fällt vor allem die Pointenlosigkeit auf. Die wenigen packenden Stellen sind vor allem wieder durch die sich im Arbeitermilieu abspielenden Dialoge gegeben, die aber eher noch das allgemeine Fehlen von Konzeption und Stringenz hervorheben. Einige Fragen wirft auch die Übersetzung von Hans-Christian Oeser auf. So häufen sich antiquiert-verniedlichende Begriffe (“Hornpieper“, „auf den Detz“, „herumkasematutteln“) teilweise noch im unpassenden Verbund mit zeitgenössischem Vokabular (“abgefuckt“). Immerhin liefert Oeser ein aufschlußreiches Nachwort und ein Glossar, welches auch potentielle, polithistorische Unklarheiten beseitigt. Zudem enthält der Band zahlreiche Fotos, die Brendan Behan zeigen – nicht nur beim Zechen, sondern auch mit „befreundetem Ferkel auf Ibiza“.

Ein Büchlein, dessen Anschaffung empfehlenswert ist für Behan-Berauschte und Bibliophile mit Irland-Touch, die grobe Milieubeobachtungen den Vorrang vor narrativer Durchdachtheit geben. Für die anderen gilt leider nicht: Das gleiche nochmal! Christian Schuldt Brendan Behan: „Das gleiche noch mal!“, Edition Nautilus