Ökos: Siemens hat recht

■ In Hanau darf Atommüll für den Transport ins Ausland verpackt werden

Frankfurt/Main (taz) – Am dritten und letzten Tag der öffentlichen Erörterung über den Antrag der Firma Siemens zum Leerfahren der MOX-Altanlage in Hanau kam es zu einer scharfen Kontroverse zwischen den EinwenderInnen und den Gutachtern der Landesregierung. Sowohl Eduard Bernhard vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) als auch Thomas Ritter vom BUND wandten sich vehement gegen die Absicht von Siemens, die in diversen Zuständen vorhandenen radioaktiven Materialien in der seit 1991 stilliegenden MOX-Altanlage für den Transport vorzubereiten. Ihre Argumentation: In der wegen Sicherheitsbedenken stillgelegten Atomanlage könne nicht einfach wieder die Arbeit mit Plutonium und Uran in verschiedenen Anreicherungsgraden aufgenommen werden. Denn nach wie vor sei die Fertigungshalle nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert.

Daß es keine Alternative zu diesem Genehmigungsantrag von Siemens geben würde, erklärte danach Michael Sailer vom Öko-Institut. Die Darmstädter Reaktorspezialisten waren vom hessischen Umweltministerium mit der Begutachtung des Antrags beauftragt worden. Der sichere Bundesbunker auf dem Gelände könne nicht, wie von den Bürgerinitiativen angeregt, zur Bearbeitung des Materials genutzt werden, weil dort keinerlei technische Einrichtungen dafür vorhanden seien. Und ein Neuaufbau der für die Konditionierung und Verpackung erforderlichen Anlagen im Bunker würde „mindestens drei Jahre“ dauern. So lange, so auch Siemens, könne das Material aber nicht mehr sicher gelagert werden.

Die „Plutoniumsuppe“ (Pu-Nitrat) und all die anderen, von Sailer als „Schrott“ bezeichneten strahlenden Stoffe können auch nicht so wie sie sind zu den Wiederaufarbeitungsanlagen Sellafield oder La Hague gekarrt werden. Das Transportrisiko wäre unverantwortlich hoch, meint Sailer.

Die EinwenderInnen kämpften also auf verlorenem Posten. Denn nach den letzten Stellungnahmen aus der Genehmigungsbehörde auf dem Erörterungstermin zu urteilen, wird der Leerfahrantrag von Siemens wohl genehmigt werden: Hanau – in drei Jahren uran- und plutoniumfrei. Am Rande der Erörterung wurde allerdings bekannt, daß noch „Kleinstmengen“ von Kernbrennstoffen im Bundesbunker existieren, die von der von Siemens vorgelegten Mengenliste nicht erfaßt wurden: illegal eingeführtes Uran, „Erblasten“ aus den neuen Bundesländern, Abfall aus Forschungsinstituten. Klaus-Peter Klingelschmitt