Schwarzgelder und Strohmänner

■ Eine halbe Milliarde soll Silvio Berlusconi an Kirch gezahlt haben. Neue Details erhärten Verdacht der Scheinbeteiligung

Berlin (taz) – Der Verdacht ist nicht neu: Die Medienachse Mailand-München wird aus schwarzen Kassen geschmiert, behauptete gestern die Berliner Zeitung, illegale Kredite des Italieners Silvio Berlusconi an Leo Kirch und Scheinbeteiligungen des Münchners bei Berlusconi machten die Verbindung der beiden stabil.

Jetzt, berichtet das Blatt, erhärteten Untersuchungen der Mailänder Staatsanwälte im Zuge der Ermittlungen gegen Berlusconi den langgehegten Verdacht: So zitiert es Berlusconis Ex-Finanzmanager Giorgio Vanoni, der von Transaktionen der Berlusconi Firma All Iberian an Kirch in Höhe von 500 Millionen Mark allein zwischen 1994 und 1996 wissen will. Und das sei nur ein Bruchteil des Geldes, das auf illegalen Schienen nach München geflossen sei, heißt es in der Aussage eines anderen Berlusconi-Ex-Führungsmanns.

Der Hintergrund: 1991 übernahm Kirch 40 Prozent der Anteile an dem von Berlusconi gegründeten italienischen Pay-TV-Sender Telepiu – wie Kritiker vermuteten, nur eine Scheinbeteiligung, für die nie wirklich Geld nach Mailand geflossen sei. Denn Berlusconi war es durch die italienischen Mediengesetze untersagt, bei einem weiteren nationalen Fernsehprogramm maßgeblich mitzureden. Im Gegenzug half dann eine Berlusconi- Beteiligung an der Kirch-Gründung „Deutsches Sportfernsehen“ dem Münchner aus der Klemme des deutschen Medienrechts.

Der Verdacht einer Telepiu- Scheinbeteiligung wurde schon im Sommer durch Aussagen ehemaliger Berlusconi-Manager gestützt. Kirch mit seinem 40-ProzentAnteil hieß es, sei nur der Strohmann, Berlusconi (10 Prozent) gebe weiterhin den Ton an.

„Wir glauben, daß Silvio Berlusconi – vermutlich mit seinen ausländischen Partnern – über eine Vielzahl von geheimen Bankkonten und Briefkastenfirmen illegale Finanzgeschäfte in gewaltigem Umfang abwickelt“, so der Mailänder Untersuchungsrichter Francesco Greco zur Berliner Zeitung. Greco bestritt allerdings inzwischen gegenüber der Agentur AP, überhaupt mit einer deutschen Zeitung gesprochen zu haben – was sämtliche Informationen des Blattes in Frage stellt.

Auch beim spanischen Fernsehsender Tele 5 soll Leo Kirch für Berlusconi die Strohmannrolle übernommen haben, berichtet das Blatt unter Berufung auf Vernehmungsprotokolle aus Mailand. Die Gelder für die 25-Prozent-Beteiligung Kirchs sollen nach Aussagen des ehemaligen Berlusconi-Anwalts Giovanni Acompora ebenfalls aus Berlusconis Kassen gekommen sein. Über eine Berlusconi-Treuhandfirma in Malta sei das Geld in die Schatulle der spanischen Kirch-Dependance Taura geflossen.

Bei dem Prozeß in Mailand geht es um angebliche Schmiergeldzahlungen, die Berlusconis Fininvest an italienische Politiker gezahlt haben soll. Nach dem Zeitungsbericht beschäftigen sich Mailänder Staatsanwälte jetzt auch mit den Geschäften Kirchs. Daß sie, wie unter Berufung auf den Untersuchungsrichter weiter berichtet wird, bereits bei den Kollegen in München um Unterstützung nachgesucht haben, wird dort aber nicht bestätigt. Weiter wird über eine „Schwarzkasse“ spekuliert, aus der beide Medienmogule ihre Aktivitäten finanzieren sollen. Wie diese funktionieren soll und vor allem, wer sie füllt, bleibt jedoch im dunkeln. Eins ist klar: Leo Kirch braucht Geld, um seine Pay-TV- Pläne in Deutschland finanzieren zu können. Lutz Meier