Bremer Traumrollen

■ Die taz stellt in einer neuen Serie Bremer SängerInnen und SchauspielerInnen vor / Heute: Daniela Sindram

Bei ihr ist alles anders: Weder eine musikalische Anregung im Elternhaus noch ein musikalisches Idol im Kopf, wollte die 1968 geborene Daniela Sindram nach dem Abitur Goldschmiedin werden. Weil sie keine Lehrstelle bekam, besann sie sich auf ihren Spaß am Singen, dem sie schon an einem musischen Gymnasium in Nürnberg nachgehen konnte: Stimmbildung ab der fünften Klasse. Also sang sie an drei Musikhochschulen vor, wurde an allen genommen und begann ihre Ausbildung zum lyrischen Mezzosopran.

„Mein erster Lehrer in Berlin allerdings hat einen schwarzen Alt aus mir machen wollen mit dem Erfolg, daß nach drei Semestern gar nichts mehr kam.“ Am meisten verdankt sie Ute Niss und den Studien bei Judith Beckmann in Hamburg, wo sie zur Zeit die Abschlußprüfung macht. Dahinein platzte das Engagement an das Bremer Theater, wo sie innerhalb ihres Anfängerinnenvertrages sieben kleine, aber zentrale Rollen unter anderem in Ariadne, Macbeth, Boris Godunow und Carmen übernommen hat. „Das ist total spannend: komme ich über's Orchester oder nicht?“

Daß in der Ausbildung zur SängerIn keine Techniken obligatorisch sind, die in einer Bühnenpräsenz oder gar Schauspiel unterrichten, findet sie falsch. „Das fällt unter die Eigenverantwortung der Studenten, und die orientieren sich leider immer mehr an sowieso nicht erreichbaren CD-Maßstäben.“ Ähnlich wie ihr Kollege Andres Reblin meint sie, daß erst eine gute Regie zur Musik in der Oper berechtigt.

Daniela Sindram bezeichnet sich auf der einen Seite als „perfektionistisch“, setzt sich auf der anderen Seite aber keinem Druck aus. Sie hat keine Tageszeitung und keinen Fernsehapparat und entfaltet keine Grundsätze über ein fiktives historisches und musikwissenschaftliches Hintergrundwissen des Sängers. „Da kann man generell gar nichts sagen. Es gibt die tollsten Leistungen, wo man vermuten würde: was hat der alles gelesen und gelernt. Fragt man nach, weiß er nichts. Und andererseits gibt's die, die alles wissen, bei denen man aber schon im zweiten Takt rausläuft.“

Daniela Sindram hingegen lernt „erst einmal die Rolle. Und dann ziehe ich ganz langsam andere Informationen dazu: Biographien, Romane, auch andere Interpretationen.“ Es paßt zu ihrer unprätentiösen Einschätzung des Sängerberufes, daß sie keine Vorbilder hat. „Doch, zwei, die ich immerhin bewundere: das sind Christa Ludwig und Anne Sophie von Otter.“ Ihre erste große Rolle in Bremen: der Hänsel in Humperdincks „Hänsel und Gretel“. Und ihre erste große Traumrolle? „Der Oktavian im Rosenkavalier!“.

Ute Schalz-Laurenze