Gemütliches Stöbern in Krimileichen

■ Bremer Buchhandlung fürs Besondere (8): Anglophiles aus dem „Cosy Bookshop“

Man muß schon genau auf die Uhr und den Kalender sehen, um in diesem Laden überhaupt etwas kaufen zu können. Wochentags ist er mal gerade von 15.30 bis 18.00 Uhr geöffnet, Samstags von 10.00 bis 12.30 Uhr und in den gut zwölf Wochen Schulferien des Jahres bleibt der „Cosy Bookshop“ gleich ganz geschlossen.

Reich wollen der Amerikaner David Lum und seine Frau Gisela damit offensichtlich nicht werden. Ihr Laden mit „Second Hand English Books“ ist eher ein Hobby, das sie nach ihrer täglichen Arbeit als Lehrer und Apothekerin pflegen.

Nachdem die Kinder aus dem Haus waren, hatten sie „einfach Lust, einen Buchladen zu machen“. Selbst von einem Nebenverdienst kann man kaum sprechen: Neben den 500 DM Miete für den kleinen Geschäftsraum am Dobbenweg 10 wirft der Laden mal gerade einen Gewinn von etwa 1.000 DM pro Jahr ab, also einen Stundenverdienst von ein paar Groschen. So hat dieser kleine Laden wohl die absonderlichste Profitrechnung des Bremer Einzelhandels: solange von den Einträgen die Miete bezahlt werden kann, lohnt sich das Geschäft. Und dies tut es inzwischen schon seit fünf Jahren.

„Cosy“, also „behaglich, gemütlich“, muß der „Bookshop“ unter diesen Umständen nicht nur für die Kunden, sondern noch mehr für die Betreiber sein. Und David Lum sieht man es auch an, daß er sich wohlfühlt hinter seiner Ladentheke, die eigentlich eher ein Schreibtisch ist. Dort sitzt er meist mit einem Kaffee, liest in einem Krimi und plauscht zwischendurch ein wenig mit den Kunden. Die meisten sind anglophile Deutsche, die alle paar Monate mal wieder in den Laden kommen, um nach literarischen Schnäppchen zu suchen.

Ob Jane Austen oder Stephen King, Ernest Hemingway, John Irving oder Agatha Christie – die englischen oder amerikanischen Klassiker und Bestseller stehen hier als Paperbacks zu Preisen ab 5.50 DM in den Regalen und inzwischen auch schon auf dem Boden. Denn mit fünf bis sechstausend Büchern ist der kleine Raum schon reichlich mit gebundenem Papier vollgepackt.

Optisch erinnert all das eher an eine Volksbücherei als an einen modernen Buchladen. Stapelware oder nach kaufpsychologischem Kalkül plazierte Bücher sind hier so fehl am Platze wie es der schon etwas durchgesessene Sessel des Ladens es bei Montanus oder Storm wäre. Hier kann man noch so richtig schön altmodisch stöbern und schmökern – cosy indeed ! Die literarischen Vorlieben von David Lum werden dadurch deutlich, daß die „crime“ und „spy“ Sektionen fast genauso viel Platz beanspruchen wie die übrige Belletristik („general fiction“). Im Gepräch beklagt er sich dann auch vor allen Dingen darüber, daß es einfach nicht genügend gute Krimiautoren gibt.

Aus Hunger nach Lesefutter hat er das letzte Buch von James Lee Burke, einem seiner „favourites“, gar neu in einem Bremer Buchladen kaufen müssen. Er ist wohl sein eigener bester Kunde, und da ist es für ihn schon etwas enttäuschend, daß bei deutschen LeserInnen das „swapping or trading of books“ längst nicht so verbreitet ist wie etwa bei amerikanischen oder englischen bookworms.

Im „Cosy Bookshop“ bekommt man zwar für ein zurückgebrachtes Buch etwa 40 % des Kaufpreises. Aber viele deutsche Leser kaufen Bücher offensichtlich nicht nur zum Lesen, sondern um sie zu besitzen. Und so kauft die Familie Lum die meisten Bücher bei ihren Reisen nach England oder Amerika auf Märkten oder sogenannten „charity shops“.

Deshalb gibt es nach den Schulferien meist zwischen 200 und 300 neue gebrauchte Bücher im Laden. Die Stammkunden wissen, daß dies die beste Zeit für den nächsten Besuch ist.

Wilfried Hippen