Polizei durchschnüffelt

■ „Ob es regnet oder schneit...“ - was 20 Kids bei ihrem „Schnüffelpraktikum“ bei der Bremer Polizei erlebten

„Ob es regnet oder schneit. Wir sind allzeit fahrbereit“: Mit diesem Spruch präsentiert sich die Kraftfahrstaffel der Bremer Polizei in Hastedt. Doch wenn polizeiinteressierte Jugendliche durch die Stadt kutschiert werden wollen, machen die Beamten Mittagsschlaf. „Extra schriftlich angefordert“ hatte der zuständige Beamte die beiden Mannschaftswagen, „da ist was schief gegangen“. Doch fünfzehn Minuten später saßen 20 Jungen und Mädchen in zwei grünen Wannen – zum zweitägigen „Schnüffelpraktikum“ bei der Polizei.

Im letzten Jahr hat die Bremer Polizei 20 Polizeiazubis im mittleren und 21 im gehobenen Polizeidienst ausgebildet. „Da kommt man nur ganz schwer ran“, klagt Praktikant Holger Brede aus Bremen-Nord. „Ausreichend viele“ Bewerbungen gehen tatsächlich bei Hermann Mühlisch, dem Bewerbungsbeauftragten ein, „aber die Zahlen verrate ich nicht.“ Zwei Tage lang werden Bewerber auf ihre „Polizeidiensttauglichkeit“ geprüft. Schülerin Melanie Schrappe will beim Test dabei sein und macht beim „Schnüffelpraktikum“ mit, „weil ich mir alles nochmal genau angucken will.“ Die 17jährige will später Streife fahren, bei der Bereitschaftspolizei. Doch nicht für alle Bewerber erfüllt sich dieser Traum: „Beim Deutschdiktat im schriftlichen Test hapert es meist“, erklärt Volker Scharff, der das „Schnüffelpraktikum“ betreut. Auch sportliche Fitness ist gefragt. „Nur die Besten werden genommen“, resümiert der Prüfungsbeauftragte Mühlisch.

Eine Truppe mit schwarzen Kappen klettert Häuserwände hoch und stürmt Häusereingänge. Zwanzig Augenpaare verfolgen das Spezialeinsatzkommando (SEK) bei der Arbeit. Doch statt echter SEKler hat Leiter Rainer Riekers nur „einen Werbefilm“ in den SEK-Lehrsaal mitgebracht. Dort sind die Kids nach einer Mannschaftsfahrt gelandet. „Die 43 Beamten des SEK können täglich einen interessanten und abwechslungsreichen Dienst versehen“, sagt die sonore Videostimme. Geiselnahmen, das sei „die Hauptaufgabe des SEK“. Davon gebe es in Bremen ganze zwei im Jahr: z.B. wenn ein betrunkener Bundeswehrsoldat mit vorgehaltener Knarre ein Taxi entführt, um damit zu seiner Freundin nach Bremerhaven zu fahren. „Sonst ist das SEK ein Serviceunternehmen, das Alltagsarbeit macht. Das steht so in der Dienstanweisung und das führen wir so aus“, sagt der SEK-Leiter, z.B. Rauschgiftdealer fangen und Gewalttäter dingfest machen. Die Jugendlichen folgen brav dem einstündigen SEK-Referat.

„Ihr sollt euch heute nicht zu Tode langweilen“, gab Praktikumsleiter Volker Scharff seinen Sprößlingen bei der morgendlichen Begrüßung mit auf den Weg. Deshalb waren gestern drei Referate geplant, zum Thema Polizeiorganisation, Jugendgewalt und Drogen. Und die Referenten kamen – mit Aktenköfferchen unterm Arm.

Referent Wolfang Wollersen, Kriminaloberkommissar im Drogenreferat, hat Süchtige als „Kranke“ ausgemacht. Der Beweis: Ein Foto von einer typischen Junkie-Wohnung. Kissen liegen quer auf einem Bett, auf dem Tisch prangt ein Heroin-Löffel. „Unordentlich“, so Wollersen. „Das ist es bei mir auch“, flüstert ein Schnüffelpraktikant. „Die Junkies sind außerdem auch unberechenbar“, fügt Wollersen hinzu, „bei denen geht voll der Affe ab, wenn sie Stoff brauchen.“

Daß illegale Drogen gesundheitlich gefährlich sind, macht Wollersen an Affenzellen deutlich. Schwarze Punkte flimmern auf einem Tageslichtprojektor: die verklebte synaptische Spalte eines Versuchsaffen, der Hasch rauchen mußte. Abgestorbene Spermafäden von männlichen Haschrauchern müssen die Jungen sich ansehen: „Ob Sie danach noch zeugungsfähig sind? Jetzt können Sie ja über die Legalisierung denken, was Sie wollen“, sagt der Drogenfahnder. Schließlich gebe es ja ein Betäubungsmittelgesetz: „Und was der Gesetzgeber vorschreibt, dazu ist die Polizei angehalten“, klärt Wollersen seine Zuhörer auf. Der Kriminaloberkommissar gibt kleine Röhrchen mit Kokain, Heroin-Streckmittel und Haschisch in die Runde. „Das wußten wir doch alles schon“, sagt Melanie. Trotzdem findet sie den Dienst nach Vorschrift „abwechslungsreich und sehr interessant.“ kat