RWE kabelt sich von seinen beiden Partnern ab

■ Zusammenarbeit mit BT und Viag auf dem Telefonmarkt währte nur kurze Zeit

Berlin (taz) – Die Beziehungen auf dem Telekommunikationsmarkt sind extrem kurzlebig – und doch bleiben alle miteinander verbandelt. Gestern früh teilte RWE in einer Pflichtmeldung an der Börse mit, die erst im Februar verkündete Allianz mit Viag und British Telecom (BT) komme nicht zustande. Man habe „unterschiedliche Auffassungen über die zukünftige Marktpositionierung des 4. Mobilfunknetzes E2“, hieß es zur Begründung. Statt dessen will der Stromgigant sich auf dem Telefonsektor jetzt lieber mit Veba und dem britischen Unternehmen Cable & Wireless zusammentun.

Die sitzengelassene Viag gab sich gestern verständnisvoll: Ein „positives Grundverständnis beider Häuser“ bleibe bestehen. Insbesondere bei der Infrastruktur wolle man weiter mit der RWE zusammenarbeiten. Und was das E2-Mobilfunknetz angeht, dessen Lizenz im Februar von Postminister Bötsch vergeben wird, so halten Viag und BT an ihrer Bewerbung auch ohne die RWE fest. Doch viele Marktbeobachter halten die Viag nun für extrem geschwächt für den großen Kampf auf dem Telekommunikationsmarkt. Der Aktienkurs stürzte um 21 Mark ab – fast drei Prozent.

Der große Gegner für alle heißt Telekom. Wenn am Neujahrstag 1998 das Telefonmonopol in Deutschland gefallen ist, wollen RWE, Viag, Veba, Thyssen und Mannesmann dem bisherigen Monopolisten Paroli bieten. Alleine kann keiner der Telekom bedeutende Marktanteile abluchsen – davon sind alle überzeugt. Und es werden nur zwei, höchstens drei Konkurrenten übrigbleiben.

Deshalb haben sie in den letzten Monaten zahlreiche Allianzen geschlossen und sich auch internationale Partner gesucht. Der Viag- Kompagnon BT ist immerhin der fünftgrößte Telekommunikationsanbieter der Welt. Und der ausgesprochen gefräßige US-Multi AT&T steht mit Mannesmann im Bunde und hat deutliches Interesse an der Daimler-Tochter Debis signalisiert. Beobachter schließen nicht aus, daß sich AT&T und Debis ebenfalls für das E2-Netz bewerben werden.

Schon einmal hatte RWE seinen Kooperationspartner verlassen. Der Konzern aus Essen wollte nicht nur als Kabelbetreiber dienen, sondern auch am Kundengeschäft teilhaben, hieß es. Doch die damals verstoßene Mannesmann AG, die sehr erfolgreich das D2-Netz betreibt, hat sich inzwischen fürs Netz einen neuen Partner gesucht. Erst vor drei Monaten wurde sie von der Deutschen Bahn AG als Kompagnon für die Nutzung ihrer über 40.000 Kilometer Kabel parallel zu den Eisenbahnschienen ausgewählt. Eine Kombination von Funk- und Kabelübertragung zur Herstellung eines kompletten Netzes ist denkbar.

Schon heute telefonieren etwa zwei Millionen Leute mit Hilfe des Mannesmann-Mobilfunknetzes D2 – etwa genau so viele, wie mit D1 der Telekom angeschlossen sind. Experten schätzen, daß es zur Jahrtausendwende etwa 12 bis 14 Millionen Mobilfunkgeräte in Deutschland geben wird. Der neue RWE-Partner Veba betreibt zusammen mit Thyssen das E-Plus- Netz. Das hat allerdings unter anderem wegen Konflikten der Besitzer über die geeignete Strategie erst einen Anteil von 9 Prozent auf dem Mobilfunkmarkt erobert. Außerdem sind die BesitzerInnen von E-Plus-Handys nicht überall im Lande erreichbar. Dennoch gelten die Voraussetzungen für Veba im Konkurrenzkampf gegen die Telekom als recht günstig: Erst im September sicherte sich der Konzern in einem Vertrag mit der Ruhrgas AG und anderen Gasunternehmen die Möglichkeit, parallel zu den kreuz und quer durch Deutschland verlaufenden Leitungen Glasfaserkabel zu verlegen. So sollen pünktlich zum Ende des Telekommonopols in 15 Monaten die wichtigsten 40 deutschen Städte miteinander verbunden sein. Schon vorher hatte sich die für Telekommunikation zuständige Konzerntochter Vebacom den Zugriff auf die Leitungsnetze der ebenfalls zu Veba gehörenden PreussenElektra und Wintershall gesichert. aje