Bayern schiebt bosnischen Flüchtling ab

■ Neun Tage nach dem Stichtag der Innenministerkonferenz prescht der Freistaat vor

München/Hamburg (dpa) – Bayern hat neun Tage nach dem Stichtag für die sogenannte Rückführung von bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen einen Bosnier abgeschoben. Gestern mittag wurde ein aus Bosnien-Herzegowina stammender Bürgerkriegsflüchtling nach Sarajevo ausgeflogen, teilte das bayerische Innenministerium mit. Der Mann habe zuvor in Abschiebehaft gesessen. Er sei am Nachmittag in Sarajevo eingetroffen.

Der 29jährige war im August 1992 als Bürgerkriegsflüchtling eingereist. Danach wurde er mehrfach unter anderem wegen sexueller Nötigung verurteilt. Im September 1996 ordnete das Amtsgericht München Abschiebehaft an. Ein Asylantrag des 29jährigen war rechtskräftig abgelehnt worden. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein sagte gestern, voraussichtlich werde es in dieser Woche keine weiteren Abschiebungen geben.

Nach dem Beschluß der Innenminister sollen von den rund 320.000 in Deutschland lebenden bosnischen Kriegsflüchtlingen zunächst Alleinstehende und Ehepaare ohne Kinder zurückgeschickt werden. Andere Bundesländer planen derzeit noch nicht, Bosnier in ihre Heimat zurückzuschicken. Weder Sachsen noch Baden- Württemberg wollen Bürgerkriegsflüchtlinge in den kommenden Tagen abschiebgen. Diese beiden Länder hatten mit dem Freistaat beschlossen, gleich nach dem von der Innenministerkonferenz beschlossenen Stichtag – dem 1. Oktober – mit der sogenannten Rückführung zu beginnen.

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), kritisierte, das wichtigste Ziel der Rückführung sei nicht, die Flüchtlinge im Hauruckverfahren herauszubringen, sondern die dauerhafte Wiederansiedlung in Bosnien. Bereits vor der Abschiebung des Bosniers betonte sie, Bayerns Pläne vermittelten den Eindruck, „als sei der bayerischen Staatsregierung mehr an Tempo denn an Sicherheit gelegen“.