Atrix und Hawaii-Hemd

■ Ein Party mit erlesenen deutschen Schlager- und Werberaritäten

Heute abend steigt im Karolinenviertel die ganz besondere Party: Titel wie „Bye, bye Samoa“ oder „Träum von mir“ – gepreßt während der Deutschen Schlager-Festspiele 1961 – finden neben 60er Jahre Werbesingles den Weg auf den Plattenteller. Die DJ's Eustachische Röhre und Ohrenschmaus besorgten die Auswahl.

taz: Woher kommen diese Platten?

DJ Ohrenschmaus: Wir gingen eines schönen Tages die Straße hinunter und trafen einen armen alten verlotterten Opi mit Krückstock. Dieser Opi schleppte einen großen Tornister auf dem Rücken, der fast größer war als er selbst. Er sagte: Hallo ihr beiden hübschen Jungs, wollt Ihr nicht ein paar Tonträger kaufen?

Was hat das gekostet?

Wir hatten zufällig einen schönen grünen Apfel und vom Frühstück noch ein Ei dabei. Die gaben wir dem alten Mann, und er war sehr glücklich.

Was genau erwartet den Vergnügungsjunkie heute abend?

Musik, Musik und nochmal Musik, die immer unter den Teppich gekehrt und nie richtig gewürdigt wurde.

Von wem?

Von Leuten wie Dir. Ihr Musik-journalisten könnt Qualität nicht erkennen.

Wie sieht das passende Outfit aus?

DJ Eustachische Röhre wird – wie in seiner Freizeit auch – Hawaii-Hemd und Badelatschen tragen, ich vielleicht auch.

Welche ist eure Lieblingsplatte?

Mein Favorit ist die Atrix-Melodie. Die stammt aus der Funk- und Fernsehwerbung der Firma Atrix für „Ihr Atrix“. Eine Frau singt, wie schön weich ihre Hände mit Atrix sind, und wie lieb sie ihr Mann dafür hat, wenn er von der Arbeit kommt.

Ich halte dies für ein relevantes historisches Dokument des patriarchalischen Systems Ende der 60er Jahre in der BRD. Untermalt ist dies mit einer ganz besonders tanzbaren Musik zum Mitschwingen.

Darf getanzt werden?

Alle dürfen tanzen – an diesem Abend und immerdar.

Gibt es, wie so oft in Hamburg, einen tieferen Sinn?

Kann sein, aber ich bin nicht auf diesem Planeten Gast, um den tieferen Sinn einer solchen Veranstaltung zu erklären.

Ist es Protest?

Ein Abend kann nur ein Abend sein, ein Abend kann kein Protest sein.

Und ein Hawaii-Hemd?

Vielleicht.

Benjamin v. Stuckrad-Barre

Heute 22 Uhr, Egalbar, Marktstraße 131