Mehrarbeit zulässig

■ Blohm+Voss Industrie: Überstunden, Kurzarbeit und ferne Märkte

Den für heute und die kommende Woche beantragten 800 Überstunden hatte der Betriebsrat von Blohm+Voss Industrie nicht zugestimmt. Die Arbeitnehmervertreter reagierten damit auf 140 weitere Entlassungen, die zum Wochenbeginn von der Geschäftsführung angekündigt worden waren. Sie befürchten, daß Arbeit vorgezogen werden soll, um möglichst bald die Kündigungen aussprechen zu können. Das Arbeitsgericht erklärte die Mehrarbeit gestern jedoch für zulässig.

Aufgrund einer Betriebsvereinbarung seien die Überstunden eine für die Beschäftigten freiwillige Leistung, erklärt die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Karin Zboralski. Die Mitarbeiter seien wegen der neuerlichen Entlassungspläne jedoch in „sehr ängstlicher Stimmung“. Bei Blohm+Voss Industrie – einem von der Werft unabhängig geführten Maschinenbauunternehmen – seien nicht „nur“ 140 von rund 800 Arbeitsplätzen gefährdet; die zusätzlichen Kündigungen bedrohten grundsätzlich die Existenzfähigkeit des Unternehmens. Bei Blohm+Voss waren in diesem Jahr bereits 571 Kündigungen ausgesprochen worden; der überwiegende Anteil betraf die Beschäftigten der Werft.

Nichts zu unternehmen, sagt Geschäftsführer Dieter Röschmann und meint die Entlassungspläne, gefährde das Unternehmen weitaus mehr. Man müsse die Strukturen der Auftragslage anpassen; im bisher dominierenden Bereich Energietechnik sei die Auftragslage äußerst schlecht. Anders sehe es dagegen in der Schiffstechnik aus. Hier werden Überstunden geleistet, während andere Bereiche kurzarbeiten. Die Mitarbeiter seien nur begrenzt gegeneinander „austauschbar“, erklärt Röschmann.

Nicht nur Entlassungen kündigt Röschmann an, sondern auch die Absicht, „aktiv an den Markt zu gehen“. Für die Hamburger Beschäftigten wird dies jedoch kaum arbeitsplatzsichernde Auswirkungen haben. Blohm+Voss Industrie strebt auf die Märkte in Indien oder der Türkei. Von Hamburg aus sei das nicht „zu bedienen“. „Ich halte es aber für sinnvoller, zweimal 50 Prozent zu akquirieren“, so der Geschäftsführer, „als einmal 100 Prozent zu verlieren.“

Stefanie Winter