■ Zur Einkehr: Bei Van Houten
Schade, daß man nicht den ganzen Tag Schokolade essen kann. Kein größeres Problem in Bremens Innenstadt, Sonderangebote im Familienpack oder Täfelchen der Luxusklasse zu erwerben. Das Traditionshaus Van Houten mit Verkaufsgeschäft im Parterre muß sich da nicht verstecken. Doch wer glaubt, er könne auch im Café des zweiten Geschosses schokoladenhimmelwärts schweben, der wird eines besseren belehrt.
Für das Angebot, das unter dem hochtrabenden Namen Mittagskarte serviert wird, müßte sich noch die heruntergekommenste Kaufhauskantine schämen. Zu dritt machten wir den gewissermaßen schon repräsentativen Test und ließen uns durch die vielversprechenden Namen der Gerichte verführen. „Chinesisches Huhn mit Reis“ bestellte der hungrige Kollege. Doch das Huhn kann den Teller kaum gestreift haben, so kläglich verlor sich die einsame Portion Hühnerfleisch neben einem Häufchen Reis auf der weißen Fläche des Porzellans. Auch der Geschmack ließ den ernstzunehmenden Preis von 13 Mark nicht gerechtfertigt erscheinen.
Ebenfalls enttäuschend: die Quiche Lorraine. Ein trockenes, höchstens handtellergroßes Gebäckstück, das ein Dauerhaltbarkeitsdatum bis ins nächste Jahr aufzuweisen hatte. Das Elsaß schien plötzlich ans andere Ende der Welt entrückt zu sein. Am enttäuschendsten jedoch der „Schlemmertopf vom Rind“, mit dem die Kollegin sich für den zweiten Teil des Arbeitstages zu stärken gedachte. Auf den ersten Schluck meinte der hungrige Mittagsgast, einen aufgelösten Brühwürfel vor sich zu haben. Der Löffeltest bewies eine total versalzene Brühe ohne spürbare Fleischeinlage.
Ein verliebter Koch, lautete unsere Vermutung. Die blonde Bedienung jedenfalls streitet jede Verantwortung ab. Sie fühlt sich von unserer Kritik nicht angesprochen: „Wir haben da keinen Einfluß drauf“, reagiert sie auf die Beschwerde. Ungerührt bringt sie Wasser zum Verdünnen der Suppe. Doch das macht bekanntlich nicht satt. Das erreichten erst die Brötchen vom Bäcker , die wir uns alle anschließend besorgten.
Susanne Raubold
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