Treuhand spielend abgezockt

Millionen kassieren, Fabriken schließen: Ein neues Brettspiel macht die Abwicklung Ostdeutschlands zur kurzweiligen Abendunterhaltung  ■ Von Frank Fölsch

Rauchschwaden nebeln durch das Hinterzimmer der Kneipe am Prenzlauer Berg. Und schon zündet Guido Bombitzki sich die nächste Zigarette an. Aufgeregt fuchtelt er mit den Händen vor dem an der Wand aufgehängten Spielplan herum. Bombitzki ist Rechtsanwalt und Diplom-Volkswirt, gleichzeitig aber auch Erfinder des Streuhandspiels, das sich in „satirischer Form mit dem Geschäftsgebahren der Treuhandanstalt auseinandersetzt“. Am vergangenen Donnerstag wurde das Monopoly-ähnliche Brettspiel der Öffentlichkeit vorgestellt, die in kleinen Spielgruppen einen Abend lang sieben Jahre deutsch-deutsche Revolution und Geschichte aufleben ließ.

Bombitzkis knallbunt-karierte Krawatte, die nicht so ganz zu seinem grauen Anzug paßt, hat er schon gelockert, als er die Bedeutung des Paternosters der Streuhandanstalt auf dem Spielplan erklärt. Sie stelle die Rotation der Mitarbeiter der persiflierten Anstalt dar. „Ständig wechselnde Zuständigkeiten“ hätten ja die „Verhandlungen erschwert“ – Günter Grass läßt grüßen. Er geht ein paar Schritte auf eine Pinnwand zu, an der einige der Spielkärtchen befestigt sind. Bombitzki zählt auf: „Bertolt-Brecht-Zeile“, „Ho-Chi- Minh-Pfad“, „Krenzweg“, alles Straßennamen, die im Spiel vorkommen.

Streuhand ist ein attraktiv gestaltetes, verhandlungsorientiertes Brettspiel für vier bis sechs SpielerInnen, das den Investitionspoker in der Ex-DDR von 1990 bis 1994 rekapituliert. Zu Beginn erwerben die MitspielerInnen ein Unternehmen zum symbolischen Preis von einem „Streuthaler“. Um einen hohen und daher unproduktiven Beschäftigungsstand beizubehalten, gewähre die Streuhandanstalt jedem „eine großzügige Anschubfinanzierung, das Startgeld“, so Erfinder Bombitzki. Die SpielerInnen müssen nun versuchen, gegenseitig den „Beschäftigungsstand herunterzuhandeln“ mittels „gefälschter Unternehmensdaten“, hohe Kostenübernahme durch die Streuhand zu erreichen und Grundstücke möglichst „kostenintensiv“ zu bebauen. Ziel des Spiels ist es, die Treuhand wie im wirklichen Leben möglichst satt übers Ohr zu hauen.

„Kungel- und Schicksalskarten geben dem Spiel immer wieder eine neue Wendung“, sagt Bombitzki. Schnell bildet sich die erste Probespielrunde. Vokabeln wie „Immobilienzocker“, „Nachverhandlung Öko-Desaster“ und „Schmiergeld“ fliegen durch den Raum.

Bombitzki erklärt, daß ihn das Mißmanagement der Treuhandanstalt zu dem Spiel inspiriert habe. Der Entwickler verfolgt zugleich höhere Interessen: Er wolle mit dem Spiel keinen „großen Gewinn machen“. Viel lieber würde er es sehen, „mit diesem Spiel eine politische Diskussion auszulösen“. Von dem Spiel hat er in der ersten Auflage nur 700 Stück herstellen lassen, trotz des hohen Preises von zirka 120 Mark sei er optimistisch, daß er noch eine weitere Auflage drucken läßt.

„Es gab schon viele Anfragen“, gibt der Spielerfinder ganz stolz bekannt.

Das Streuhandspiel, SpieleKomplott GmbH, Bestellungen unter der Faxnummer: (030) 216 40 38