Sparklausur für Etat 97: Die Messer sind gezückt

■ 43 Milliarden Mark Ausgaben sind erlaubt. Senatoren wollen 47 Milliarden

Die Kultur, zum Beispiel, soll ein Opferlamm geben. Die Perle unter den Senatsressorts der Hauptstadt war Peter Radunski (CDU) anvertraut worden: Die Zuständigkeit für die zwischen quirligem Off und bildungsbürgerlichen Vorzeigeinstitutionen weitverzweigte Kulturszene. Nun sieht sich der ehemalige Wahlkampfstratege der Bundes-CDU gezwungen, seinen 1,1 Milliarden Mark teuren Kulturetat deutlich zu reduzieren. „100 Millionen weniger in drei Jahren“, heißt Radunskis Angebot für die Klausursitzung des Senats. 200 Millionen Mark sofort – oder die Streichung von vier (Musik-)Theatern, so lautet angeblich die Gegenforderung.

Die Politik hat die Stadt in eine Haushaltsnotlage getrieben, die ohne Vergleich ist: Seit dem Fall der Mauer ist es nicht gelungen, das bestehende Defizit zu schmälern. Um acht Milliarden Mark jährlich lagen an der Spree im Schnitt die Ausgaben über den Einnahmen. Parallel zu Arbeitslosenquote und den Abwanderungszahlen der Industrie wuchs das Defizit weiter an. 1997 sollen die Ausgaben bei 43 Milliarden Mark eingefroren werden. Die Einnahmen, Kredite eingeschlossen, dürften bei 41 Milliarden liegen. Das macht ein Minus von zwei Milliarden Mark zuzüglich 2,5 Milliarden Miesen, die aus dem Jahre 1995 stammen, ergibt: 4,5 ungedeckte Milliarden Mark.

„Wir müssen Juwelen verkaufen, ach, verschleudern!“ ruft einer aufgebracht. Wut klingt ehrlicher, immerhin, als der kühle Polit- Bluff: „Wir bieten nichts an.“ Niemand bietet etwas an. 1996 war der Haushalt rabiat auf 43 Milliarden heruntergepreßt worden. Die Anmeldungen 97 lagen, Finanzkrise hin oder her, schwups um vier Milliarden drüber. Ab morgen sollen sie wieder herunterverhandelt werden. Das ist die Aufgabe der Senatsklausur. Absehbare Konflikthemen: Staatliche Zuschüsse aller Art, seien es soziale Zuwendungen oder versteckte Subventionen wie die niedrige Gewerbesteuer; milliardenschwere Investitionen in Entwicklungsgebieten; (Aus-)Verkauf von „Tafelsilber“ wie der Bewag oder landeseigener Grundstücke; die Erhöhung oder Einführung von Gebühren wie etwa die richtige Studiengebühr von 1.000 Mark je Semester.

Morgen um zehn Uhr soll der Streit beginnen. Zunächst aber wird es um Grundsätzliches gehen. Die SenatorInnen sollen sich zunächst einmal auf die Zahlen einigen: Da wird über mittelfristige Finanzplanung, Investitionen, Vermögensaktivierung verhandelt werden. Einer der wichtigsten Punkte wird dabei sein, wie Berlin an Bundesgelder kommt, früher oder später. Ans Eingemachte, die Einzeletats, machen sich die vereinigten Sparkommissare wohl erst ab Montag. Christian Füller