Kinderprostitution

■ Dutroux-Affäre zieht Kreise. Belgische Prominente unter Verdacht

Brüssel (taz) – Die Affäre um den Kinderschänder Marc Dutroux weitet sich zu einer belgischen Staatsaffäre aus. Nach Angaben der flämischen Zeitung De Morgen hat die Staatsanwaltschaft in NeufchÛteau Beweise, daß es in Belgien seit mehr als 25 Jahren ein gut organisiertes Netzwerk für Kinderprostitution gibt. Einige Zeugen sollen in diesem Zusammenhang sogar Namen von „hohen Persönlichkeiten aus Justiz, Politik und Geschäftswelt“ genannt haben. Deren Namen sind dem Blatt nicht bekannt.

Nach den jüngsten Ermittlungsergebnissen soll Marc Dutroux, der mindestens sechs Mädchen entführt, eingesperrt, mißbraucht und vier davon getötet hat, nur der jüngste einer Reihe von Kinderlieferanten gewesen sein. Als Zentren des Netzwerks werden Lüttich und Brüssel genannt. Bereits vor Monaten war eine Reihe von Polizisten verhaftet worden, die Marc Dutroux gedeckt und die Ermittlungen behindert haben sollen. Inzwischen gibt es Vermutungen und eine Reihe anonymer Zeugenaussagen, daß Prominente in die Affäre verwickelt sein könnten. Das könnte erklären, warum Dutroux trotz schwerster Verdachtsmomente über Jahre unbehelligt blieb. Die jüngsten Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die ganze Affäre in den Augen der Öffentlichkeit auf eine Farce zuzulaufen droht. Am kommenden Montag soll das oberste belgische Gericht, der Kassationshof, darüber entscheiden, ob der Fall nach Lüttich verlagert werden soll. Denn die Verteidigung von Dutroux hat gegen den ermittelnden Untersuchungsrichter Jean-Marc Connerotte einen Antrag wegen Befangenheit gestellt. Connerotte hatte an einem Essen mit den Eltern der ermordeten Kinder teilgenommen. Da die Eltern als Nebenkläger auftreten, kann Connerotte nach dem Gesetz möglicherweise nicht mehr als unparteiisch gelten. Alois Berger