Der Armeechef für Gott und Vaterland

■ Magnus Malan, der Mann Bothas, will von dem Massaker nichts gewußt haben

Schwäche zeigen ist seine Sache nicht. Scheinbar unberührt läßt Magnus Malan den wichtigsten Prozeß des jungen Südafrikas über sich ergehen. Im düsteren Gerichtssaal des Obersten Gerichtshofs in Durban sitzt der General a.D. konzentriert, aber regungslos, ohne eine Miene zu verziehen. Manchmal lächelt er kurz. So selbstsicher kann nur sein, wer sich nicht der geringsten Schuld bewußt ist. Daß er mit alldem nichts zu tun hat, was da seit März verhandelt wird, daran hat der 66jährige keinen Zweifel gelassen.

Als Ende vergangenen Jahres die Anklage gegen den früheren Verteidigungsminister verlesen wurde, erteilte er seinen Anklägern eine Lektion in Demokratietheorie. Die schwärzeste Stunde Südafrikas sei das, wetterte er im Brustton der Überzeugung.

Am ersten Verhandlungstag plauderte er in den Pausen entspannt über die Erfolge der südafrikanischen Cricket-Mannschaft. Auch seine schwere Krankheit nimmt er sportlich. Eine Zeitung hatte öffentlich gemacht, daß er schon seit fünf Jahren an Leukämie leidet. Malan bestätigte das Gerücht und erklärte, er bedaure, daß seine Krankheit nun bekanntgeworden sei. Sich aus der Verantwortung zu stehlen und sich Verhandlungsunfähigkeit attestieren lassen? Undenkbar für einen Mann von militärischer Haltung. „Ich fühle mich sehr gut“, sagt er, und: „Als überzeugter Christ glaube ich an das Positive im Leben.“

Im Prozeß hat Malan bisher geschwiegen, nur in Interviews nahm er zu den Vorwürfen Stellung. „Mein Gewissen ist rein“, erklärte er nach Erlaß des Haftbefehls. Die Untersuchungshaft blieb Malan erspart. Nach gängiger südafrikanischer Praxis wurde er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Von dem Massaker, dessen er angeklagt ist, will er nichts gewußt haben. Verabscheuenswert sei es in jedem Falle, und die Täter müßten verurteilt werden. Doch es gelte, den historischen Kontext zu verstehen. Die alte Armee tat nur ihre Pflicht in einer Zeit, als „der internationale Kommunismus, die Kommunistische Partei und der Afrikanische Nationalkongreß einen bewaffneten Kampf gegen die südafrikanische Regierung führten“. – Malan war in den 80er Jahren Verteidigungsminister, in einer Zeit, in der fast permanent der Ausnahmezustand in Südafrika herrschte. Die Armee wurde immer wieder zur Verstärkung der Polizei in den aufständischen Townships eingesetzt. Unter dem Premierminister und späteren Präsidenten Pieter Willem Botha saß Malan an einer Schaltstelle der Macht – „für Gott und das Vaterland“.

Als Malan 1980 das Amt übernahm, hatte er bereits eine Bilderbuchkarriere hinter sich. Aus einer der angesehensten burischen Familien stammend, wurde er mit nur 43 Jahren Chef der Armee, drei Jahre später, 1976, Kommandeur der gesamten Streitkräfte. Die enge Verbundenheit mit Botha, seinem späteren Mentor, rührt aus dieser Zeit. Die Ansichten Malans über die Rolle der Armee paßten bestens zur Verschwörungstheorie Bothas eines „totalen Angriffs“ auf Südafrika. Der Nationalen Partei trat Malan aber erst bei seiner Ernennung zum Minister 1980 bei.

Verschwörungstheorien und Todesschwadronen

Daß innerhalb der Sicherheitskräfte Südafrikas eine sogenannte third force existierte, die bis in die 90er Jahre hinein politische Gewalt nicht nur nicht verhinderte, sondern selbst beging, bestreitet Malan nicht gänzlich. Auch andere Staaten hätten schließlich ganz legal eine dritte Kraft, die Deutschen zum Beispiel den Bundesgrenzschutz. Von der Existenz sogenannter Todesschwadronen will er dagegen bis heute nichts wissen. Ebenso leugnet er hartnäckig eine Zusammenarbeit zwischen Armee und der Inkatha- Freiheitspartei.

Malan fühlt sich der Zukunft Südafrikas verpflichtet. Es bringe ohnehin nichts, in der Vergangenheit herumzuwühlen. Für Versöhnung ist er auch, bloß wähle Südafrika die falschen Mittel: die zur Aufarbeitung der Apartheid-Verbrechen eingesetzte Wahrheitskommission zum Beispiel und die Anklage gegen ihn. Säße er heute noch in der Politik, hätte er der Regierung vor allem eines empfohlen: die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen.