Streit um Abstimmung zur Widerspruchsklausel

■ SPD und Grüne debattieren um Abstimmungsverhalten zum Gesetzentwurf über Vergewaltigung in der Ehe. Widerspruchsklausel für Ehefrauen kam durch

Berlin (taz) – Über die Abstimmung im Bundestag zur umstrittenen Widerspruchsklausel bei Vergewaltigungen in der Ehe ist innerhalb der Opposition ein handfester Streit entbrannt. Der Bundestag hatte gegen den Vorschlag des Vermittlungsausschusses beschlossen, die Widerspruchsklausel nicht zu streichen. Die Klausel sieht vor, daß eine vergewaltigte Ehefrau der strafrechtlichen Verfolgung ihres Ehemannes widersprechen kann.

Gegenseitig werfen sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen nun vor, Schuld zu tragen an dem Sieg der Regierungskoalition. Diese hatte am Donnerstag mit 327 zu 320 Stimmen die Opposition überstimmt. Zwar fehlten bei der wichtigen Abstimmung zehn SPD-Abgeordnete. Nun aber bezichtigt die SPD die Grünen und die PDS, die Niederlage verschuldet zu haben. Begründung: Anders als die SPD hätten die Grünen und die PDS keine sogenannte „Pairing-Vereinbarung“ mit der Regierung getroffen. Diese Vereinbarung, die nur freiwillig geschlossen werden kann, sieht vor, daß bei Fehlen von Abgeordneten aus den eigenen Reihen auch die Gegenseite auf eine entsprechende Anzahl von Stimmen verzichtet.

„Die SPD wälzt ihre Verantwortung ab“, kontern die Grünen. Die SPD hätte ohne Not eine fragwürdige Vereinbarung mit der Koalition getroffen, denn von den zehn fehlenden SPD-Abgeordneten seien nur drei krank gewesen. Innerhalb der nächsten zwei Wochen muß nun der Bundesrat entscheiden, ob er gegen den vorliegenden Entwurf zur Vergewaltigung in der Ehe Einspruch einlegt. Schon aus Ehrenrettung ist es wahrscheinlich, daß die Mehrheit der SPD-regierten Länder diese Möglichkeit nutzen wird. Dann ist als letzter Schritt bei einer erneuten Abstimmung im Bundestag die sogenannte Kanzlermehrheit von 337 Stimmen erforderlich, um den Einspruch zurückzuweisen und den jetzigen Entwurf endgültig zu verabschieden. Käme eine entsprechende Mehrheit hingegen nicht zustande, wäre der gesamte Entwurf – Strafbarkeit von Vergewaltigungen auch innerhalb der Ehe plus Widerspruchsmöglichkeit – gescheitert. Die jetzige Rechtslage – keine Strafbarkeit von Vergewaltigungen innerhalb der Ehe – wäre dann weiterhin gültig. Wortstarke Kritik gegen die Widerspruchsmöglichkeit kam gestern vom Deutschen Frauenrat. Deren Geschäftsführerin Hanne Pöllmann bezeichnete den Entwurf als „fundamentalistischen Rückschritt“. ja

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