Bis an die Grenzen – und nicht weiter

■ Bosnische Flüchtlinge bekommen verbotenen Besuch, aber keine Beratung

In einem Punkt nur ist der aufgeregte Wachmann sich vollkommen sicher, als am Samstag kurz nach drei eine Besuchergruppe das Tor durchschreitet: „Das ist nicht gestattet“, sagt er und hat es sogar schriftlich, vom Landesbetrieb „Pflegen und Wohnen“. Der hatte zuvor und telefonisch dasselbe schon den Besuchern mitgeteilt. Ein Raum in der Boehn-Kaserne könne zu Versammlungszwecken nicht überlassen werden – zwecks Wahrung der politischen Neutralität. In der ehemaligen Kaserne in Rahlstedt leben rund 500 Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien – noch.

Beim Tribunal gegen die Flüchtlingspolitik der Hansestadt im Februar war die Auflösung solcher Massenunterkünfte nicht zum ersten Mal vergeblich gefordert worden. Seit einigen Monaten unternimmt die Tribunal-Gruppe regelmäßig Spaziergänge zu Flüchtlingen, will auf diese Weise die Isolation der Menschen verringern und Kontakt herstellen.

Ausdrücklich erwünscht ist dabei die Teilnahme von HamburgerInnen, die sich sonst nicht politisch engagieren; aus gegebenem Anlaß diesmal auch die Anwesenheit von Beratern verschiedener Flüchtlingshilfs-Organisationen. Als „Grenzbrecher“ sollen die Besuche dienen. Der am Samstag zeigte, daß Grenzen an mehr als einer Stelle verlaufen.

Die anfängliche Sicherheit der „Grenzbrecher“, daß dies ein Besuch privater Natur sei und als solcher sehr wohl gestattet, weicht den Einwänden des Wachdiensthabenden und einer anderen Taktik. Eine Beratung für die von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge solle durchgeführt werden, heißt es nun. Von der Arbeiterwohlfahrt (AWO), die einen Kindergarten in der Kaserne betreibt und für die Räume einen Schlüssel und das Hausrecht besitzt.

Davon kündet jedoch kein Schild an der Tür von Raum 109B; ohne Beweis und mit zitternder Kinnpartie meint der Wachmann verlangen zu müssen, das vor knapp einer Stunde nicht Begonnene binnen zehn Minuten zu beenden. Sonst werde er die Polizei verständigen. „Soll sie doch kommen“, meint einer von der Tribunalgruppe, und der Vertreter der AWO sieht das anders. Und der Wachmann tut nur seine Pflicht. Und die Flüchtlinge kauern auf Kinderstühlen, lesen ein eilig verteiltes Info-Blatt. Und irgendjemand will nochmal mit „Pflegen und Wohnen“ telefonieren.

Es ist niemand zu erreichen, und die Sonne steht schon ziemlich tief. Die Idee, vor dem Kasernentor mit der Beratung zu beginnen, wird nicht verworfen, treibt die Menschen nach draußen und wird nicht realisiert. Die Polizei erscheint nicht. Dafür der, der vor rund einer Stunde die Flüchtlinge begrüßt hatte – um sich zu verabschieden. Und um zu erklären, daß die angekündigte Beratung in ungefähr zwei Wochen und in anderen Räumen stattfinden wird. Stefanie Winter