■ In Italien geraten die Antikorruptionsermittler unter Druck
: Storniert Italiens EU-Mitgliedschaft!

Es wird, so scheint es leider, Zeit, Italien einen kräftigen Riegel in Sachen Europa vorzuschieben. Natürlich fällt derlei besonders schwer, wenn man wie die taz, seit Jahren gegen die arrogante Herabwürdigung unseres südlichen Partnerlandes angeschrieben hat. Um Mißverständnisse zu vermeiden: Die Maastricht- Kriterien sollten es wirklich nicht sein, die Italien vom „definitiven“ Europa fernhalten. Wohl aber die Art, wie das Land nun erneut mit jenen verfährt, die noch immer mutig Korruption und Mafia entgegentreten. Daß diesmal eine Mitte-Links-Regierung treibende Kraft der Demontage ist und nicht mehr die Berlusconi-Rechte (deren Mitglieder selbst in ansehnlicher Zahl in Schmiergeldverfahren verwickelt sind), zeigt, wie umfassend sich die Metastasen im Organismus der Gesellschaft festgesetzt haben.

Als vor eineinhalb Jahrzehnten zuerst einige wenige ausländische Presseorgane die notorische Mafia- Verfilzung italienischer Regierungen monierten, stellten sich die anderen europäischen Regierungen taub. Erst Ende der 80er Jahre gab es vereinzelt Rüffel und auch Drohungen an Rom hinsichtlich der Öffnung europäischer Grenzen. Dies, und kein interner Reinigungswille, ließ die Herrschenden auf Distanz zur Mafia gehen. Einige wichtige Schläge gegen die Cosa Nostra folgten. Mittlerweile hat sich deren Gefecht regeneriert.

Um so wichtiger wäre es, das zentrale Einfallstor für das organisierte Verbrechen zu verrammeln: die Korruption. Doch was die Mitte-Links-Koalition in Italien derzeit unternimmt, ist die Liquidierung des gesamten, von den Staatsanwaltschaften höchst effizient geführten, Kampfes (mehr als 85 Prozent aller Anklagen haben zu Verurteilungen geführt). Unklar ist, ob einzelne Mitglieder der regierenden Koalition noch von früher Dreck am Stecken mitschleppen oder ob man sich Straffreiheit für künftige Schweinereien garantieren will.

Europa sollte jedenfalls alarmiert sein. Italiens Instabilität fußt weniger auf wirtschaftlichen Problemen oder einer undurchdachten Verfassung. Viel mehr hat dazu jenes unterschwellige Geflecht korruptiver Verhältnisse beigetragen, das Staat wie Wirtschaft durch immense „Nebenkosten“ in Form von Schmiergeldern belastet. Das Ergebnis war eine funktionsunfähige Administration. Werner Raith