Italien macht Hatz auf Schmiergeldermittler

■ Mit Verleumdungen versucht eine unheilige Allianz aus Mitte-links-Regierung, Rechtsopposition und Polizei die Korruptionsermittlungen zu torpedieren

Rom (taz) – Eine regelrechte Jagd machen Italiens Mächtige derzeit auf alle, die sich in Sachen Schmiergeldermittlung hervorgetan haben oder noch tun. Seit Wochen ist eine massive Diffamierungskampagne gegen den ehemaligen Chefermittler der Mailänder Sonderkommission „Saubere Hände“, Antonio di Pietro, in Gange. Aufgrund vager Satzfetzen aus Lauschangriffen auf einen italoschweizer Bankier suchen die Gegner die Pietros angebliche Begünstigungen des Finanzmenschen während seiner Anklage wegen Korruption herauszulesen. Gleichzeitig startete die drittgrößte Polizeieinheit Guardia di finanza (Finanzwache) Attacken gegen die „Saubere Hände“-Crew, weil diese es gewagt hatte, einige ihrer Offiziere vor Gericht zu bringen.

Vergangenen Freitag präsentierte der Mailänder Medienmogul und ehemalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi der Presse eine Wanze, die seine Experten angeblich hinter der Dampfheizung seines Arbeitszimmers gefunden hatten. Der Verdacht auf illegale Aktivitäten eifriger Ermittler war sofort hergestellt. Wenige Stunden später kam die nächste, diesmal allerdings höchst alarmierende „Nachricht von der Ermittlerfront“ (la Repubblica): Der Oberste Richterrat hat ein Verfahren gegen den Generalstaatsanwalt von Florenz, Pierluigi Vigna, aufgenommen, mit dem offiziellen Ziel seiner Versetzung wegen allzu großer Gesprächigkeit gegenüber Journalisten.

Dahinter steckt mehr: Vigna war der aussichtsreichste Kandidat für die bald neu zu besetzende Stelle eines nationalen Koordinators für den Kampf gegen die Mafia. Mit dem Verfahren soll er offenbar von diesem Amt ferngehalten werden. Hintergrund: Vigna ist einer der erfahrensten Ermittler auf dem Gebiet rechtsextremer Geheimbünde. Und die stehen im Verdacht, zunehmend mit der Mafia vebandelt zu sein.

Was an all diesen Kampagnen gegen Staatsanwälte am meisten überrascht, ist die satte Beteiligung auch von Mitgliedern der derzeit regierenden Mitte-links-Koalition: der Fraktionsvorsitzende der Linksdemokraten, Cesare Salvi, verbreitete sich vorige Woche über „Amtsmißbrauch“ und „illegale Methoden“, die die Staatsanwälte bei ihren Antikorruptionsermittlungen angeblich benutzt hatten. Die Angegriffenen wenden sich „ans Volk“. Wie am Samstag der derzeitige Ermittlungsführer Piercamillo Davigo: „Die Politiker isolieren uns.“ Alles schon dagewesen: auch die beherzteren der Antimafia-Ermittler wurden so lange isoliert, bis man sie „abschießen“ konnte. „Den Antikorruptionsermittlern“, so der Espresso- und Repubblica-Leitartikler Giorgio Bocca resigniert, „steht wohl das gleiche Schicksal bevor.“ Werner Raith

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