Die Finnmark bindet sich wieder

Die Regierung in Helsinki kehrt ins europäische Wechselkurssystem zurück. Doch die Exportwirtschaft hat Angst vor den Folgen. Und schon heute sind 18 Prozent der FinnInnen arbeitslos  ■ Von Reinhard Wolff

Helsinki (taz) – Nach vier Jahren außerhalb des europäischen Wechselkurssystems (ERM) ist Finnland seit heute früh wieder dabei. Mit einem Extrarabatt hießen das EU-Währungskomitee und die Zentralbanken der mächtigen Mitgliedsländer die Skandinavier willkommen: Der Kurs von 5,80 Finnmark für einen Ecu (oder einer Finnmark für 3,04 DM) liegt deutlich unter dem vom letzten Freitag, als ein Ecu noch 5,74 wert war. Der finnischen Exportwirtschaft sollten so ihre Ängste vor billiger Konkurrenz genommen werden. Zum zweiten aber diente das Signal dazu, Devisenspekulanten davon abzuhalten, die Haltbarkeit des neuen Kurses gleich zu testen. Als nächstes Land in der Reihe der Rückkehrer zur Wechselkurszusammenarbeit wird nun Italien erwartet.

Schon lange waren die Gerüchte über eine Rückkehr Finnlands in den Wechselkursmechanismus im Umlauf, genährt durch eine auf festen Wechselkurs zielende Zinspolitik der Reichsbank und eine planmäßige Auffüllung der Währungsreserve mit D-Mark und anderen starken Valuten. Mittlerweile ist das Land auf deutschem Zinsniveau angekommen.

Daß die Entscheidung eine Woche vor den Wahlen zum Europäischen Parlament fallen würde, überraschte allerdings viele Beobachter. Allgemein hatte man gedacht, die regierende Mitte-links- Koalition wolle das Wechselkursthema aus dem Wahlkampf heraushalten. Unumstritten ist der ERM-Anschluß nicht einmal innerhalb der Regierung: Noch in der vergangenen Woche warnte Vizefinanzminister Arja Alho vor diesem Schritt. Die Wirtschaft sei beileibe nicht stabil genug, um schon jetzt Devisenspekulationen erfolgreich abwehren zu können, meinte er.

Auch Finnlands Unternehmer sind alles andere als angetan von der Rückkehr zu einem festen Wechselkurs. Vor allem die stark exportorientierte Forstwirtschaft fürchtet, daß die Konkurrenz aus dem dollarschwachen Schweden ihr das Leben schwermacht. In Stockholm gibt es nämlich keine Bestrebungen, die Krone wieder im ERM-System einzubinden. Anders als Finnland hat Schweden keinen Ehrgeiz, in der Gründungsrunde des EWS dabeizusein.

Nach dem finnischen Schritt müssen nun jedoch vor allem Schweden und die südeuropäischen Schwachwährungsländer wieder mit verstärkter Devisenspekulation rechnen. Mehrere Wirtschaftswissenschaftler, darunter der Ex-Finanzberater der finnischen Regierung, Hans Söderström, haben vor einem neuen Währungschaos wie 1992 gewarnt. Und für Wirtschaftsprofessor Johan Lybeck ist der Beschluß „ökonomischer Wahnsinn“, der lediglich beweise, „wie total politische Erwägungen dominieren“.

Tatsächlich ist der Traum von der Europäischen Währungsunion der eigentliche Hintergrund des jetzigen Schritts Finnlands. Dabei belegt das nordische Land, wie fragwürdig die Aufnahmekriterien für die Währungsunion sind: Finnland beweist mit einer Arbeitslosigkeit von 18 Prozent, daß es mit seiner Volkswirtschaft nicht zum besten bestellt ist. Ansonsten aber schafft das Land wohl die Eintrittsvoraussetzungen und will am 1. Januar 1999 bei der kleinen Schar der Gründungsländer dabeisein. Zinsniveau und Inflationsrate liegen weit unterhalb der aufgestellten Grenzwerte, und auch das Staatsschuldkriterium von 60 Prozent des BNP dürfte klargehen. Das Budgetdefizit liegt derzeit bei 2,5 Prozent (EWS-Grenze 3 Prozent), droht aber aufgrund des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr auf über 5 Prozent zu steigen. Grund hierfür sind die Kosten der rekordhohen Arbeitslosigkeit. Wird diese 1997 nicht wesentlich nach unten gedrückt – und damit rechnen nur unverbesserliche OptimistInnen mit Regierungsämtern –, müßte entweder die EU die Eintrittskriterien abmildern, um Finnland dabeihaben zu können, oder weitere Einschnitte das Sozialsystem massiv verbilligen. Die FinnInnen müssen damit rechnen, daß ihre politischen Köche zum zweiten Rezept greifen werden.