"Ich habe die Schnauze voll!"

■ Beim Volleyball-Supercup ließ sich Dachaus Coach Moculescu auch von der guten Leistung seines Teams nicht über den Mangel an Zuschauern hinwegtrösten

München (taz) – Nach getaner Arbeit saß Stelian Moculescu (46), Trainer des ASV Dachau, am Samstag nachmittag in dem kleinen Raum, der für die Zwiesprache mit der Presse vorgesehen war, und blickte drein wie ein trotziges Kind, das wieder um den Besitz eines roten Matchbox-Autos gebracht worden war. Dabei hatte er sich alles so schön ausgedacht. Gemeinsam mit dem Europäischen Volleyball Verband (DEV) hatte er den Supercup ins Leben gerufen. Und zu dessen Premiere empfing der deutsche Meister ASV Dachau mit Las Modena (Sieger der Champions League), Traco Cuneo (CEV-Pokalsieger) und Olympiakos Piräus (Europacupsieger der Pokalsieger) die besten Vereinsmannschaften Europas, um sich mit ihnen um die Vorherrschaft auf dem Kontinent zu streiten.

Moculescu hatte die Veranstaltung extra nach München verlegt. Zum einen, weil die Halle dort viel höher ist als das Eigenheim des ASV Dachau. Außerdem faßt sie ungefähr doppelt so viele Zuschauer, denen Moculescu zeigen wollte, „daß die Sportart lebt“. Daß am ersten Tag nur 1.200 hauptsächlich italienische Zuschauer dem Ereignis beiwohnten, trieb den Trainer in die Schmollecke: „Ich habe die Schnauze voll“, sagte er. Viel mehr hatte er nicht zu verkünden.

Vergessen hatte er offenbar, daß die italienischen Clubs aus Modena und Cuneo vor den Augen ihrer mitgereisten Fans ein Spiel gezeigt hatten, wie man es nicht alle Jahre auf deutschem Boden sieht. Daß seine Mannschaft nach dem 3:1-Halbfinalsieg über Piräus wieder erst im Finale zu stoppen war – Cuneo gewann 3:0, (15:10, 15:9, 15:4) –, schien ihn auch nicht sonderlich zu interessieren. Sicher, seine Mannschaft habe sehr gut gespielt und das sportliche Ziel erreicht, sagte er, aber „was bringt's wenn es keiner sieht“.

Moculescu denkt und lebt Volleyball, und wer das nicht tut, ist für ihn nicht von dieser Welt, ist fast schon ein Krimineller. So waren die Schuldigen schnell gefunden: die Dachauer Fangemeinde, die nur spärlich erschienen war, und es „doch sagen soll“, wenn sie keinen Erstligavolleyball sehen will. „Dann hören wir hier auf“. Und ein paar böse Journalisten, die nur darauf warten, seine Arbeit in den Dreck zu ziehen. Denn das geringe Zuschauerinteresse könnte die Gastgeber in finanzielle Nöte stürzen. Wer schuld an den hohen Eintrittspreisen (ein Sitzplatz kostete 35 Mark, ein Stehplatz 25 Mark), dem schönen Wetter und der Live- Übertragung im Fernsehen war, erwähnte er nicht.

Seit über 20 Jahren ackert Moculescu in Deutschland und vor allem in München für seinen Sport. Und noch immer kann er sich nicht damit abfinden, daß die Netzkünstler hierzulande über den Stellenwert einer Randsportart wohl nie hinauskommen werden. In der vergangenen Saison holte Dachau den Meistertitel und wurde Zweiter in der Champions League. Dennoch wollte der Hauptsponsor Post AG seinen Vertrag zunächst nicht verlängern. Der Verein stand vor der Pleite, doch Moculescu, Trainer und Manager in Personalunion, wußte das offenbar geschickt zu vertuschen. So konnte sogar der vielumworbene Ungar Sandor Kantor zum Bleiben überredet werden. Und schließlich verlängerte die Post ihr Engagement doch noch einmal um ein Jahr, „weil Dachau ja Meister geworden ist“, sagte Pressesprecher Helmut Esterl. Außerdem befinde man sich gerade im Übergang von einer Behörde in ein Unternehmen. Und jetzt hoffen sie darauf, „daß wir auch so flott und so schnell werden wie die Volleyballer“.

Doch trotz aller Unwägbarkeiten gibt Moculescu nie auf. Die Ausrichtung des Supercups kostete den ASV Dachau 130.000 Mark, keine Kleinigkeit für einen Volleyballverein. Doch um die Sportart populärer zu machen, müsse man eben etwas riskieren, sagt Moculescu. Immerhin hatte er das Deutsche Sport Fernsehen (DSF) nach mehrjähriger Volleyball-Abstinenz dazu gebracht, zumindest die Spiele des Gastgebers live zu übertragen.

Am Finaltag fanden dann doch noch mehr als 2.000 Zuschauerinnen und Zuschauer den Weg in die Halle, so daß der ASV Dachau zumindest plusminus Null aus der Sache herauskommt. So war selbst Moculescu am Ende etwas milder gestimmt. Doch keine Angst, der nächste Ausbruch kommt bestimmt. Nina Klöckner