Der TED soll Deutschland retten

■ Die ARD setzt Regeländerungen beim Grand Prix durch

Nur ungern läßt sich Jürgen Meyer-Beer, einer der Unterhaltungschefs beim NDR, vorwerfen, ein machtpolitisch denkender Medienmann zu sein. Dennoch: Vor allem durch sein Insistieren wird vom kommenden Jahr an der Grand Prix d'Eurovision de la Chanson wesentlich reformiert stattfinden. Weil ARD und BBC ganz offen damit drohten, sich aus dem Wettbewerb zu verabschieden, beschloß die Eurovisionszentrale, sich den deutschen und britischen Wünschen nach einer Regeländerung zu beugen. Auch weniger solventen Ländern wie Bosnien oder Malta kann das nur recht sein, denn ohne die beiden wichtigsten Popmärkte Europas würde auch ihr Einsatz, kommerziell gesehen, nutzlos werden.

Von 1997 an sollen nur noch die besten 25 Länder der vergangenen vier Jahre teilnehmen dürfen: Deutschland wie auch Frankreich, United Kingdom und Schweden gewiß, Italien vielleicht, Israel wegen seines Holocaust-Feiertags am Veranstaltungstag sicher nicht. Damit ist Germanys Teilnahme gerettet – Mekados drittem Platz von 1994 (mit „Wir geben 'ne Party“) sei Dank.

Statt den aus Laien und Profis zusammengesetzten Jurys kommt demnächst in allen Teilnehmerländern der TED zum Zuge. Erst nach Eingang der Telefonanrufe gibt jedes Land sein Votum ab – wie gehabt von zwölf Punkten bis hinunter zu einem Punkt. Auch das schöne Relikt, daß sämtliche Lieder von einem Orchester begleitet werden müssen, wird abgeschafft. Die Musik kann sogar vom Band kommen – allerdings muß trotz dieses Halbplaybacks weiterhin live gesungen werden. Ein Umstand, der die meisten deutschen Nachwuchsinterpreten von vornherein von einer Teilnahme an der Kultgala absehen läßt.

So wird es möglich, auch hochkomplizierte Musikarrangements im Fernsehen zu servieren – denn ein Orchester könnte die heutige Popmusik gar nicht mehr adäquat spielen. Mit dieser Referenz an das moderne Popgeschäft wollen die Veranstalter endlich wieder die großen Plattenfirmen für den Contest interessieren. Jan Feddersen