Polit-Geplänkel

■ Diskussion um Große Koalition in der Bremer Bank: Nölle und Scherf in Harmonie / AfB-Rebers erntet Applaus

Für sechs Komma sechs Sekunden schlug die Elite der bremischen Unternehmerschaft am Montag abend die Hände zusammen. Friedrich Rebers, SPD-Rebell, AfB-Gründer und ehemaliger Sparkassen-Vorstand heimste bei der Podiumsdiskussion „Große Koalition – ein Glücksfall?“ in der Kassenhalle der Bremer Bank am Domshof den meisten Applaus ein. Zweiter in der Gunst der 900 Gäste zweier Unternehmerverbände war bei der Vorstellung der Matadoren Sozialdemokrat und Bürgermeister Henning Scherf. Dahinter lagen etwa gleichauf FDP-Chef Peter Braun („Wir sitzen auf der Strafbank für die Ampel“) und Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU). Abgeschlagen: Die Grüne Helga Trüpel.

Es folgte Polit-Geplänkel mit humoristischen Einwürfen des Moderators Theo Schlüter von Radio Bremen. Nölle und Scherf (Schlüter: „Himpelchen und Pimpelchen“) beteuerten ihre neue Übereinstimmung als „Schnittstellen der Koalition“, die sich in montäglichen Mittagessen im Ratskeller manifestiert. Scherf: „Es ist eine große Erfahrung, einen früheren Gegner verläßlich an seiner Seite zu wissen“. Er lerne in der Koalition einen ihm bisher unbekannten Teil der bremischen Gesellschaft kennen, sagte Scherf. Das Vulkan-Krisenmanagement sei „stark“.

Die Koalition leiste ein riesiges „Erledigungspensum“, sagte der Senatspräsident. Sie habe als erste den bundesweiten Einbruch der Steuereinnahmen durch Sparvorgaben für alle Ressorts abgefangen. „Wir haben den Haushalt transparent gemacht“, sprang Nölle bei. Das Bündnis leide aber an einem „Darstellungsdefizit“ nach außen, sagte Scherf. Dabei stehen, versicherte Nölle, „bahnbrechende Entscheidungen bevor“.

Helga Trüpel monierte den fehlenden öffentlichen Streit in der Koalition. Statt innovativer Ideen regierten etwa in der Wirtschaftspolitik strukturkonservative Konzepte mit Großprojekten statt Förderung für Mittelstand und High-Tech. Da erntete sogar die grüne Ex-Senatorin schüchternen Beifall.

FDP-Mann Braun kritisierte, es werde „suggeriert, aber nicht Vollzug gemeldet“. Daß etwa noch keine Übergangslösung für den LKW-Verkehr zum Güterverkehrszentrum gefunden sei, sei angesichts der satten Mehrheit in der Bürgerschaft nicht nachvollziehbar.

Nach eindringlicher Aufforderung des Moderators („Sie reden am wenigsten und kriegen den meisten Beifall“) schaltete sich auch Publikumsliebling Rebers ein. „Wo sind die ersten Spatenstiche?“. Nur bei der „schlimmen“ Straßenbahnlinie 4 sei schon mit dem Bau begonnen worden. Frenetischer Jubel im Saal. Offenbar war dem AfB-Veteran entgangen, daß am selben Morgen der Grundstein für die Messehallen gelegt worden war. Dennoch behielt Rebers das letzte Wort: „Bei den weißen Strichen auf den Straßen, die Autofahrer aus der City heraushalten, muß durchgegriffen werden“. Bremens Elite jubelte. Joachim Fahrun