„Für Schüler und Eltern ein herber Schlag“

■ Bildungssenatorin setzt Betreuungsschulen auf den Prüfstand / Eltern und Lehrer wittern Gefahr

Jetzt soll es auch den Bremer Betreuungsschulen an den Kragen gehen. Das befürchten Lehrer, Eltern und freie Träger, die das Ganztagsangebot an 14 Bremer Schulen auf die Beine stellen. Der zuständigen Referatsleiterin im Bildungsressort flatterte nämlich jetzt ein Schreiben von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs auf den Tisch: Ein Prüfauftrag, wie Verträge mit Betreuungs-initiativen aufgekündigt werden können. „Wenn das passiert, ist das für Eltern und Schüler ein herber Schlag,“ erklärt Lehrer Thomas Bendlin vom Schulzentrum Obervieland (SZO).

Die sogenannte „andere Schule“ ging 1990 in Bremen an den Start. Mittlerweile nutzen 700 SchülerInnen an 14 Schulen, von der Grundschule bis zu der Sekundarstufe I dieses Ganztagsangebot. Der Arbeiter-Samariter-Bund ist Träger für eine ganztägige Betreuung an der Grundschule Andernacher Straße. „Wir sind eine Alternative zum Hort für die Eltern, die stehen da sowieso schon Schlange“, sagt die ASB-Mitarbeiterin Monika Nebgen. Vier SozialpädagogInnen bieten dort für 80 Kinder gemeinsam mit LehrerInnen einen Frühdienst von 7.30 bis 9 Uhr an. Um 11 Uhr steht dann ein gemeinsames Mittagessen auf dem Programm, das bis 15 Uhr mit Spielgruppen, Theater- und Tischtennis-AGs weitergeht. „Wir machen neue Konzepte der Jugendhilfe. Doch dieser Bereich wird jetzt kaputtgespart. Wir haben es ja bei den Freizeitheimen gesehen“, ärgert sie sich.

Als völlig unbegründet weist Kahrs-Sprecherin Arnhild Moning diese Ängste zurück. Einen Prüfauftrag für die Kooperationsverträge mit freien Trägern gebe es zwar: „Wir sind verpflichtet zu prüfen, welche Finanzen wie lange gebunden sind.“ Aber kündigen wolle man die Einjahresverträge nicht. Im Gegenteil: Die Betreuungsschulen seien politisch gewollt und das stünde auch so im Koalitionsvertrag. Genau 2,4 Millionen Mark seien im Haushalt 1996/97 vorgesehen. „Aber wir können ja nicht überall kürzen und nur da nicht.“

Tatsächlich standen zu Zeiten der Ampelkoalition noch satte 3,5 Millionen für die Ganztagsschulen im Haushaltsplan. „Da haben wir schon ordentlich gespart“, erklärt die zuständige Referatsleiterin Christel Hempe-Wankerl, die zu dem senatorischen Prüfauftrag nur mit den Schultern zuckt. Hempe-Wankerl muß jetzt nämlich zweierlei tun: Zum einen die Vertragsfristen unter die Lupe nehmen und gleichzeitig auf Wunsch der Senatorin einen Aktionstag der Betreuungschulen organisieren. „Um zu zeigen, daß wir wichtige und gute Arbeit machen.“

Lehrer Thomas Bendlin vom Schulzentrum Obervieland wird am Aktionstag am 30. Oktober dabei sein. Das SZO ist seit vier Jahren Ganztagsschule: Vandalismus, Zerstörungswut und fehlende Freizeitangebote im Stadtteil, „da mußten wir einfach etwas tun“, erklärt er. Im SZO gehen allein 100 der 780 SchülerInnen regelmäßig zum Mittagstisch und zur Frühstücksbar – „das hat wohl zuhause einfach gefehlt.“ Vor allem ausländische Mädchen würden in der Ganztagsschule ihre Freizeit verbringen: „Weil wir Schule sind, sonst dürften sie wegen der Familie gar nicht hin“, weiß auch Monika Nebgen vom ASB. „Jetzt“, so Lehrer Bendlin, „muß die Politik sehen, wie notwendig unsere Arbeit ist.“ kat