Der Senat kann sich nicht einigen

■ Sparklausur verlängert. Grüne monieren, daß bei Klausur die Mitbestimmung des Parlaments ausgehebelt wird

Die Bündnisgrünen sehen die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung gefährdet. An der Klausur des Senats um den Landeshaushalt 1997 nähmen mittlerweile acht Abgeordnete teil – knapp die Hälfte derer, die hinter den verschlossenen Türen der Europäischen Akademie den Etatentwurf der Regierung des Stadtstaats vorbereiten. Das Parlament werde durch ein solches Vorgehen zur nachgelagerten Abstimmungsmaschine, mokierten sich die grünen Haushaltspolitiker Michaele Schreyer und Arnold Krause. Seit Sonntag versucht der Senat, eine Deckungslücke von rund sieben Milliarden Mark aus dem 97er Budget abzubauen.

Üblicherweise legt der Senat einen Haushaltsplan vor, den der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses in wochenlangen Beratungen meist noch verändert. Dies werde nun nach 1996 zum zweiten Male faktisch verhindert, sagte Michaele Schreyer zur taz, weil die an der Klausur teilnehmenden Parlamentarier in ihren Fraktionen als Einpeitscher aufträten. Mit dem Argument: „Das Paket darf nicht mehr aufgeschnürt werden“, unterdrückten die Haushaltspolitiker der Koalition die Bedenken ihrer Fraktionskollegen. Schreyer verweist auf das Ergebnis des letzten Jahres. Die hastige Verabschiedung des 96er Haushalts führte zu schweren Mängeln, die mittlerweile das Verfassungsgericht beschäftigen.

Die Klausur selbst, die der Senat gestern um einen Tag verlängerte, bezeichneten die Grünen als „Polittheater der schlechtesten Art“. Es sei auch am dritten Tag noch nicht klar, welches Budget der Aufführung zugrunde liege und wer die Regie führe. Schreyer nannte es eine Zumutung für die Stadt, sich die teilweise grotesken Vorschläge anhören zu müssen. Die Bündnisgrüne meinte damit den Vorschlag von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky, das Vermögen der Stadt zur Hälfte zu verkaufen. Landowsky, der damit 70 Milliarden Mark zu erzielen glaubt, rücke damit von dem gesetzlich festgelegten Konsolidierungsziel ab. Er wolle mehr Schulden und höhere Ausgaben.

Die schwarz-roten Koalitionäre versuchten gestern, den Anschein einer Regierungskrise herunterzuspielen. Eine Nachrichtenagentur zitierte „Sprecher beider Seiten“, die ein vorzeitiges Ende der erst im Januar erneuerten Regierungskoalition dementierten. Die SPD- Fraktion milderte einen Resolutionsentwurf merklich ab, der gegen den CDU-Frontmann gerichtet ist. Ursprünglich hatte es darin geheißen, die SPD lasse sich die Angriffe Landowskys nicht mehr gefallen. Nun wird die konstruktive Rolle der Sozialdemokraten in der Kultur hervorgehoben. Landowsky hatte die SPD eines „Feldzugs gegen Geist und Kultur“ bezichtigt.

Nach Aussagen von Beobachtern ist der schleppende Fortgang der Klausur darin begründet, daß die Senatoren ihre Einzeletats verteidigten. Der SPD-Landesvorsitzende Dzembritzki sagte, der Konsolidierungskurs sei im Grundsatz akzeptiert, werde aber bei der Beratung der Ressorts immer wieder in Frage gestellt. Christian Füller