„Deutschland muß sich von den Mächten der Finsternis lösen“

■ Dänemarks Umweltminister Svend Auken erwartet von Deutschland mehr Einsatz in der europäischen Umweltpolitik

taz: Sie verlangen nach einer deutschen Führungsrolle bei der Ökologisierung der europäischen Energiepolitik. Warum eigentlich?

Svend Auken: Wir haben immer eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland in der Umwelt- und Energiepolitik gehabt. Wenn ich nach einer deutschen Führungsrolle verlange, dann weil eben nur Deutschland zusammen mit einigen Verbündeten die langfristigen Strategien europäischer Politik verändern kann. Wir können Deutschland die Mehrheit unter den Mitgliedstaaten für eine solche Politik heute schon garantieren.

Aber Sie haben national mit Energiesteuern begonnen, ohne daß Deutschland mitzieht.

Wir haben eine aufkommensneutrale Energiesteuer eingeführt von hundert Mark pro Tonne Kohlendioxid für normale Energieverbraucher und sechs bis sieben Mark pro Tonne für Großverbraucher wie Zementwerke. Und wir hatten anschließend 1994 das zweithöchste Wachstum in Europa, nach Irland. Auch die Arbeitslosigkeit sinkt seither. Der Einsatz von anderen Energiesteuern allerdings macht ohne deutsche Beteiligung nur noch begrenzt Sinn. Bei der Erhöhung der Benzinpreise beispielsweise muß Deutschland endlich die Pionierrolle übernehmen. Heute steigen unsere CO2-Emissionen aus dem Verkehr. Hätten wir Spritpreise auf der Höhe der Jahre 1981/1982, würden die Kohlendioxidemissionen sinken.

Wieso brauchen Sie Deutschland für die Mineralölsteuer?

Weil unser Land zu klein ist, die deutsche Grenze zu nah. Gemeinsam mit den Nachbarstaaten aber könnten wir die Benzinpreise deutlich und kontinuierlich erhöhen. Mit dem Geld aus den erhöhten Mineralölsteuern könnten wir dann in anderen Bereichen der Wirtschaft die Steuern senken.

Ohne Steuern kann Umwelt- und Klimapolitik nicht mehr stattfinden?

So ist das nicht. Wir wollen auch die Einführung von Verbrauchsnormen für Autos und Hausgeräte. Wir wissen, daß wir die Energieverbräuche hier deutlich reduzieren können. Das bietet auch neue Chancen für die europäische Industrie: Innovationen und viele neue Arbeitplätze. Schließlich und endlich meinen wir, daß die EU endlich Quoten festlegen soll für die Kohlendioxidemissionen jedes einzelnen Landes.

Dafür bekommen Sie beim EU- Ministerrat doch nie eine einstimmige Entscheidung.

Die brauchen wir auch weder bei den Verbrauchsnormen noch bei den Quoten. Energiestandards für Autos und Kühlschränke, selbst die Verteilung von CO2- Quoten für einzelne EU-Ländern kann man in Brüssel mit Mehrheit entscheiden.

Und warum warten wir dann noch auf diese Entscheidungen?

Heute tut sich die Bundesregierung häufig mit Frankreich und Großbritannien zusammen. Ich habe das Trio mal die Mächte der Finsternis genannt. Deutschland muß sich in der Umwelpolitik erst von diesen Mächten lösen, das ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche EU-Klimapolitik.

Gibt es noch andere Reformen, etwa im Rahmen von Maastricht II, die helfen würden?

Meine Regierung hat vorgeschlagen, auch bei Steuern wie einer europäischen Kohlendioxidsteuer künftig Mehrheitsentscheidungen einzuführen. Das wird allerdings schwierig. Mehr Rechte für das Europaparlament wären sicherlich nützlich. Wenn wir allerdings auf mehr Einfluß des Parlaments warten, dauert die Entwicklung sehr lange. Interview:

Hermann-Josef Tenhagen