Wunderloses Spiel ohne Grenzen

■ Lee Tamahoris zweiter Film Nach eigenen Regeln kann sein Versprechen nicht einhalten

Ein fatales Mißverständnis: „Das können sie nicht machen? Wir sind in Amerika!“, argumentiert ein Mafioso, bevor ihn Polizisten einen Abhang hinunterwerfen. „Das ist nicht Amerika“, klärt ihn Max Hoover (Nick Nolte), der Chef dieser Spezialeinheit, auf, „das ist L.A.“

Dies geschieht in den 50ern, die kriminelle Spezialtruppe des LAPD heißt ihrer breitkrempigen Hüte wegen „The Hat Squad“, und ihren Entsorgungsfelsen für mafiose Gernegroße nennen sie die Mulholland-Fälle.

Alle Gangster, die diesem Abhang seinen Namen gegeben haben, eint eine Gemeinsamkeit: Sie haben eine Grenze überschritten, entweder die, die den von der Polizei großzügig zugelassenen Spielraum markiert oder als anmaßende Auswärtige die Stadtgrenze. Immer wieder wird Nach eigenen Regeln auf dieses Motiv zurückkommen – die Behauptung von Grenzen und deren Überschreitung.

Lee Tamahoris zweiter Film nach seinem aufsehenerregenden Debüt Die letzte Kriegerin greift als dessen erste US-amerikanische Produktion Traditionen des US-Kinos auf. Er bewegt sich zwischen film noir und jüngeren Überarbeitungen wie z.B. Chinatown.

Dabei geht es, kein Wunder, um die Darstellung und Zerstörung von Männergemeinschaften. Auslöser ist, wieder kein Wunder, eine Frau. Allison (Jennifer Connelly) ist eines mysteriösen Todes gestorben, und Hoover bearbeitet mit seiner Hat Squad den Fall. Das Problem dabei ist, daß sich die Tote als die verheimlichte Geliebte Hoovers entpuppt, die zudem mit dem verantwortlichen General für die Entwicklung atomarer Waffen (John Malkovich) liiert war.

Als Filme auftauchen, die Hoover kompromittieren und zudem ein Geheimnis der Army zu entlarven scheinen, verdichtet sich das Geschehen. Die Hat Squad wird durch FBI und Militär in seine bis dato nicht existenten Schranken verwiesen. Hoover und seine Kollegen dringen in militärische Sperrzonen ein, das FBI torpediert Hoovers Privatleben, und es entbrennt ein Kampf um Befugnis und Territorien. Am Ende wird nicht nur die Hat Squad zerfallen und die Army als siechender, krimineller Männerbund entlarvt, sondern auch die Ehe zwischen Hoover und seiner Frau Katherine (Melanie Griffith) zerstört sein.

Mit seinem durchdachten Grenzspiel, der verzwickten Verschwörungs- und Mordgeschichte, hohen Ästhetik-Ambitionenen und spektakulärer Besetzung (u.a. Michael Madsen, Chris Penn, Chazz Palminteri, Bruce Dern) hat Nach eigenen Regeln eigentlich nur ein großes Problem. Er ist zu voll, zuviel soll passieren. Doch vieles bleibt halb ausgeführt und auf halber Strecke stecken. Und am Ende steigt das Gefühl eines uneingelösten Versprechens auf. Jan Distelmeyer Siehe Filmübersicht