Lügen, betrügen, stehlen

■ Ein Kinderbuch der etwas anderen Art: Claudia Harts „Machiavelli für Kids“

Kinderbücher können geistige Wanderschaften, Verzückung und lebenslange Alpträume auslösen. Je weiter zurück ihre Entstehung liegt, umso häufiger finden sich Brutalität, Verängstigung und Strafe in ihnen. Aber die Ikonen des Kinderbuchs sind immer noch Struwwelpeter, Max und Moritz und Alice im Wunderland, allesamt Erzeugnisse von unbeschreiblicher Grausamkeit und subtiler Angsterzeugung.

Andererseits hat die pädagogische Verdammung dieser Lektüre in den letzten Jahrzehnten auch schon wieder zu einer widerborstigen Haltung bei Künstlerinnen wie Claudia Hart geführt, die die politische Korrektheit „lieber“ Kinderbücher mit ihrem Machiavelli für Kids in amüsant ambivalenter Weise aufs Korn nimmt. Denn einerseits ist ihre Kombination von weltbekannten Kinderbuchzeichnungen und den Machterhaltungssätzen aus Machiavellis Der Fürst durchaus eine Überspitzung der perfiden wilhelminischen Erziehungsmoral. Gleichzeitig haben die so entstehenden fiesen Lehrsätze für Kinder auch etwas derartig befreiend Bitterböses, daß man sie als Querfeuer gegen Janosch und Konsorten mit großer Genugtuung liest – zumindest als Erwachsener.

Das kleinformatige, bunte Buch wird aber auch bei etwas älteren Kindern mit Sicherheit viele Liebhaber finden. Denn viele Sprüche sind in ihrem scheinbaren Zynismus so entwaffnend ehrlich, daß gerade Schulkinder bei vielem mit Sicherheit nur sagen können: „Genau so ist es doch.“

Till Briegleb

Claudia Hart: Machiavelli für Kids; Nautilus Verlag, 14,80 Mark