Von Lach- und Schließmuskeln

40 Tonnen Hundekot täglich sind nicht genug. Zur Vorführung der Citycleaner importierte die BSR geruchsneutrale Kacke aus Fernost  ■ Von Barbara Bollwahn

Erich Wille hält, was sein Name verspricht. Er ist nicht nur gewillt, den Gesetzen zu entsprechen. Er tut es auch. Vorschriftsmäßig hat er Janko, einen seiner zwei Schnauzer, angeleint. Auch Jankos Schließmuskel ist so, wie er auf öffentlichem Straßenland zu sein hat: zu. Doch bei dem zweiten Schnauzer nimmt es Wille nicht mehr so genau. Den führt er lose an der Nase.

Diese Nachlässigkeit sei ihm verziehen. Wille ist trotzdem der Typ Hundebesitzer, von dem Berlin nur träumen kann. „Mein Hund macht nicht auf die Straße“, sagt er stolz. Das sei reine Erziehungssache. Wo denn Janko dann sein Geschäft erledige? Auf dem Grenzstreifen am Baumschulenweg. Tretminen zu Minen. Wille ist zudem bekennender Käufer von diesen Tüten, mit denen man, sollte Hundchens Schließmuskel sich doch einmal vor Betreten des Grenzstreifens öffnen, die braunen Würstchen aufnehmen kann.

Wille steht auf dem Alexanderplatz und zeigt auf einen weißen Hund, der frei rumläuft. „Das darf in der Stadtmitte nicht passieren“, sagt er. Wille ist einer der wenigen Hundehalter, die gestern zu der Aktion „Partnerschaft für Sauberkeit“ gekommen sind. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) und Vertreter der Wirtschaftsverwaltung wollten „im Herzen Berlins“ mit „Bürgern mit und ohne Hund“ darüber diskutieren, wie man mit den 40 Tonnen Hundekot umgehen soll, die tagtäglich auf Straßen, Spielplätzen und Parkwegen landen.

Trotz dieser gigantischen Menge hatte die BSR anscheinend Probleme, zu Demonstrationszwecken ihrer modernen Citycleaner, die mit Plastikrüsseln Hundekot aufsaugen, echte Scheiße aus dem Betonalex zu stampfen. Also lagen naturgetreue Nachbildungen bereit. Rutschfest und geruchslos. Und garantiert nicht aus Berlin. Auf der Rückseite der Plastikscheiße stand „Made in Taiwan“.

Darüber konnte Wirtschaftsstaatssekretär Dieter Ernst, der wie Hundehalter Wille seinem Namen alle Ehre machte, nicht so richtig lachen. „Berlin muß sauberer werden“, verkündet er ernst. Eine Erhöhung der Hundesteuer wäre denkbar. Damit könnte man die 70.000 Mark teuren Citycleaner bezahlen. Gerhard Engelmann, der als ehemaliger Gesundheitsstadtrat in Kreuzberg 1993 mit Geldern des Wirtschaftssenators einige dieser Geräte angeschafft hat, schüttelt den Kopf: „Das gibt einen Aufschrei“, weiß der hundelose Mann von der Fiffifront zu berichten. Ganz zu schweigen von der Angst vieler Politiker, daß die Hundehalter ihre Lieblinge auf anderen politischen Terrains Gassiführen würden.

Doch mal im Ernst: Seit Jahren versucht Berlin, Herr der Hundekotlage zu werden. Doch so wie manch Hund herrenlos ist, ist die Scheiße nach wie vor am Dampfen. Jeder tritt rein. Keiner ist zuständig.

Hundehalter meinen, mit ihren 180 Mark Hundesteuer seien sie aus dem Schneider. Kontaktbereichsbeamte nehmen kaum Anzeigen auf. Die gute Stadtreinigung säubert zwar Wege und Plätze. Doch da die von Hundekot gesäumten Straße den „Reinigungsklassen A2 und A3“ entsprechen, werden sie nur einmal am Tag gereinigt. Und selbst der größte Hundehasser weiß, daß Hunde zwei- bis viermal am Tag müssen. Scheiße.