"Das ist der falsche Vorschlag"

■ Karl Diller, Chefhaushälter der SPD-Bundestagsfraktion, über Unions-Pläne zur Erhöhung der Mineralölsteuer. "Wir werden erst andere Gegenfinanzierungsmöglichkeiten prüfen"

taz: Die Koalition berät in Bonn über eine Mineralölsteuererhöhung zur Finanzierung des Haushaltslochs. Als Haushaltspolitiker der SPD müßten Sie doch freudig zustimmen?

Karl Diller: Halt, so geht das nicht. Die Koalition greift wieder einmal völlig ohne Konzept nach jedem Strohhalm.

Wieso ohne Konzept? Am Montag abend haben Koalition und SPD bei der Runde zum Jahressteuergesetz festgestellt, daß wegen der Erhöhung des Kindergeldes und des Wegfalls der Vermögenssteuer dem Staat noch mehr Milliarden fehlen. Die Diskussion um die Mineralölsteuer ist doch folgerichtig.

Was den Haushalt angeht, so haben wir schon im Juli gesagt, es fehlen dem Bundesfinanzminister mindestens 12 Milliarden Mark, im September wußten wir, daß Theo Waigel sogar 18 Milliarden Mark fehlen. Schon damals haben wir gesagt, daß der Finanzminister fürs Kindergeld und andere Leistungen 5 Milliarden Mark mehr ausgeben muß, als er plant, daß die Konjunkturschwäche ein Haushaltsloch von 3 Milliarden Mark reißt und daß er 10 Milliarden Mark mehr für die Bundesanstalt für Arbeit braucht. Da ist kein neues Loch.

Und jetzt kommt die von der SPD lange geforderte Erhöhung der Mineralölsteuer.

Eben nicht. In unserem Steuerkonzept steht eine Ökosteuer drin, eine Mineralölsteuer, die genutzt werden soll, um die Lohnnebenkosten zu senken. Die Beiträge an die Arbeitlosenversicherung sollten nach unserer Vorstellung um ein Drittel sinken. Das soll aus einer Anhebung der Mineralölsteuer bezahlt werden. Wir wollen die Mineralölsteuer nicht erhöhen, um Haushaltslöcher zu stopfen.

Aber wenn Sie ein Haushaltsloch von 18 Milliarden Mark sehen, müssen Sie doch eigene Vorschläge zum Stopfen des Loches haben.

Erste Aufgabe der Opposition ist es, zu prüfen, ob Waigels Etatentwurf solide ist. Das ist er bislang nicht. Heute soll uns der Finanzminister im Haushaltsausschuß erklären, ein wie großes Defizit er sieht. Und dann muß erst mal Herr Waigel selbst Vorschläge machen. Die Kürzungsvorschläge, die in den bisherigen Beratungen von der Koalition gemacht worden sind, reichen bei weitem nicht.

Und wenn der Bundesfinanzminister mit dem Vorschlag kommt, die Mineralölsteuer um zehn Pfennig zu erhöhen. Was machen Sie dann?

Das ist für uns der falsche Vorschlag, weil er die Mineralölsteuererhöhung zum Stopfen der Löcher einsetzt. Wir werden erst prüfen, welche anderen Gegenfinanzierungsmöglichkeiten es noch gibt. Interview:

Hermann-Josef Tenhagen