Jelzins Comeback

■ Lebeds Entlassung ist ein hilfloser Befreiungsschlag

So kometenhaft sein Aufstieg war, so schnell kam auch der Fall von Alexander Lebed. Gestern feuerte Rußlands kranker Präsident seinen Sicherheitsberater und meldete sich damit eindrucksvoll zurück. Zweifellos: Der ambitionierte General, der aus seinem Drang zu Höherem von Anfang an keinen Hehl machte, hat den Bogen in der letzten Zeit überspannt. Besonders das Bündnis mit dem zwielichtigen Ex- Leibwächter Alexander Korschakow, der in der vergangenen Woche die unappetitliche Schlammschlacht im Kreml eröffnete, ließ an Lebeds Rolle zweifeln.

Nur: Jelzins Begründung für den Abschuß des Ex-Generals mutet mehr als fadenscheinig an. Lebed, so Jelzin, habe nicht mit den anderen Organen zusammengearbeitet. Zusammengearbeitet haben die Regierung und Jelzin mit Lebed, der dem Staatschef für die zweite Runde der Präsidentenwahlen die notwendigen Stimmen verschaffen durfte, allerdings auch nie. Im Gegenteil: Von Anfang an konnte man sich des Verdachts nicht erwehren, daß die Kremlcrew auf Abstand zu Lebed ging.

Besonders deutlich wurde dies, nachdem Lebed in zähen Verhandlungen mit den tschetschenischen Rebellen zumindest ein vorläufiges Ende des wahnwitzigen Krieges im Kaukasus erreichte. Erst nach langem Zögern stellte sich Premierminister Wiktor Tschernomyrdin hinter Lebed; Jelzin brauchte für eine mehr oder weniger klare Aussage sogar noch etwas länger. Statt dessen ließen die Verantwortlichen Lebed lieber von so illustren Persönlichkeiten wie Innenminister Anatoli Kulikow als Vaterlandsverräter beschimpfen. Die Eskalation am vergangenen Mittwoch bot Jelzin nun die geeignete Gelegenheit, sich des Haudegens zu entledigen.

Problem gelöst? Doch besonders der Fall Tschetschenien könnte jetzt schneller wieder akut werden, als es dem Kreml lieb sein kann. Zumal von einem endgültigen Frieden keine Rede sein kann. Ebenso dürften Hoffnungen auf eine Entspannung der Situation im innersten Machtzirkel verfrüht sein. Besonders Innenminister Kulikow, über dessen Machenschaften kaum noch Zweifel bestehen, dürfte sich nun als Sieger fühlen. Doch gerade das ist die Gefahr. Und so werden Hauen und Stechen, nach einer kurzen Pause, weitergehen. Barbara Oertel