Bewag als Zankapfel der Koalition

■ SPD-Umweltsenator Peter Strieder warnt vor Hektik beim Aktienverkauf. CDU für schnelle Veräußerung

Über den vollständigen Verkauf der landeseigenen Bewag- Aktien hat sich die große Koalition in ihrer Sparklausur offenbar noch nicht geeinigt. „Der Verkauf ist keine beschlossene Sache“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger gestern während der Debatte im Abgeordnetenhaus.

Mit dem Rückhalt von Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hatte Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) vergangene Woche vorgeschlagen, die 50,8-Prozent-Mehrheit des Landes an der Bewag an einen Investor abzugeben. Damit will sie knapp drei Milliarden Mark hereinholen, um das Haushaltsloch für 1997 von zur Zeit rund sieben Milliarden Mark teilweise zu stopfen.

Beim Konflikt zwischen CDU und SPD geht es offensichtlich um die Bedingungen für die Veräußerung. Umweltsenator Peter Strieder (SPD) sagte, Hektik sei bei der Investorensuche nicht angezeigt. „Wir dürfen keine Fehler machen“, so Strieder.

Der Umweltsenator will die bisherige Mitbestimmung des Landes als Bewag-Mehrheitsaktionär durch „politischen und vertraglichen Einfluß ersetzen“. Als Beispiel nannte er die Einbindung des Veba-Konzerns in die Gasag. In ihrem Vertrag hätten das Land und die Veba festgelegt, daß der Konzern sein Stimmrecht im Aufsichtsrat nur in Abstimmung mit dem Senat wahrnehme. Außerdem müsse die Politik der Veba mit der „energiepolitischen Zielsetzung des Landes übereinstimmen“, so Strieder. Der Verkaufsgewinn solle teilweise verwendet werden, um die Schuldenlast des Landes und damit die Zinszahlung an die Banken zu reduzieren. Ein anderer Teil des Geldes müsse in einen Sonderfonds fließen, um Zukunftsinvestitionen zu finanzieren, sagte der Umweltsenator.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Volker Liepelt, betonte dagegen, daß man mit dem schnellen Bewag-Erlös die 2,4 Milliarden bezahlen solle, die im Haushalt 1996 nicht eingespart werden können.

Die große Koalition will aber weiter auf die Einigung hinarbeiten. Hand in Hand stimmten CDU und SPD gestern einen Antrag der Bündnisgrünen nieder, die Suche nach einem Investor sofort abzubrechen. Der grüne Umweltsprecher Hartwig Berger warf dem Senat vor, eines der wenigen profitablen Unternehmen in Landesbesitz zu versilbern. Mit ihrem Mehrheitseinfluß solle die Regierung lieber darauf drängen, daß die Bewag ihren gesamten Gewinn an die Anteilseigner ausschütte. Dadurch würde das Land in diesem Jahr 80 Millionen Mark erhalten. In den kommenden Jahren werde diese Summe noch steigen. Berger: „Man muß die Bewag melken, nicht schlachten.“ Hannes Koch